Onlinerechner:   Vergleiche: Steuersparprogramme:


BFH VII R 26/08 – Antidumpingzoll: Anwendung der "de-minimis-Regelung" im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China


Seiten: 1 2 3 4


15
Zutreffend weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Formulierung in Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 „… mit dieser Partei geschäftlich verbunden sind oder Ausgleichsvereinbarungen getroffen haben“ die entsprechende in Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96 enthaltene Formulierung aufgreift und dass diese Vorschrift durch die (Änderungs-) Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 (VO Nr. 1972/2002) des Rates vom 5. November 2002 (ABlEG Nr. L 305/1) dahin ergänzt worden ist, dass bei der Frage der geschäftlichen Verbundenheit die in Art. 143 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) genannten Kriterien herangezogen werden können. Mit dieser Ergänzung sollte der Begriff der „Verbundenheit“ präzisiert und ein Bezug zu Art. 15 Abs. 4 des Ãœbereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABlEG 1994 Nr. L 336/119) hergestellt werden (Erwägungsgrund Nr. 2 zur VO Nr. 1972/2002). Es handelt sich hierbei somit nicht um eine neue Begriffsbestimmung, sondern lediglich um eine Klarstellung des bereits zuvor verwendeten Begriffs der „geschäftlichen Verbundenheit“.

16
Ob i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 eine geschäftliche Verbundenheit zwischen Parteien besteht, ist somit –ebenso wie bei Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 384/96– anhand der Vorschrift des Art. 143 ZKDVO zu beantworten. Für den Streitfall folgt die für die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM anzunehmende geschäftliche Verbundenheit aus Art. 143 Abs. 1 Buchst. a, e und f ZKDVO. Soweit daher von der T-GmbH in den freien Verkehr übergeführte Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH abgegeben worden sind, handelte es sich nicht um Lieferungen i.S. des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97, weshalb auch eine die monatliche Mengenbegrenzung überschreitende Weitergabe wesentlicher Fahrradteile innerhalb des „Verbunds“ keine Pflichtverletzung im Zollverfahren der besonderen Verwendung war. Maßgebend für die Einhaltung der nach Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 vorgeschriebenen Mengenbegrenzung ist somit im Streitfall, ob aus diesem „Verbund“ heraus wesentliche Fahrradteile „letztendlich“ (vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 zur VO Nr. 88/97) an Montagebetriebe in einer Menge von jeweils weniger als 300 Stück pro Monat geliefert worden sind.

17
d) Anders als das FG meint, führt auch der Umstand, dass der Fa. RM oder der RTV-GmbH keine Bewilligung gemäß Art. 291 ZKDVO in der seinerzeit geltenden Fassung (ZKDVO a.F.) zur zollbegünstigten Verwendung von Waren erteilt worden war, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar ist der Hinweis des FG zutreffend, dass nach § 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. im Fall einer Ãœbertragung zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren der Ãœbernehmer im Besitz einer Bewilligung gemäß Art. 291 ZKDVO a.F. sein muss; jedoch sind die Vorschriften der Art. 291 ff. ZKDVO a.F. über die Abgabenbegünstigung bei besonderer Verwendung nach Art. 14 VO Nr. 88/97 „sinngemäß“ anzuwenden. Insoweit muss daher die spezielle antidumpingzollrechtliche Bestimmung des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 Berücksichtigung finden, wonach –wie bereits ausgeführt– Parteien, die miteinander geschäftlich verbunden sind, wie eine Partei behandelt werden. Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist deshalb im Licht jener Vorschrift auszulegen mit der Folge, dass die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Waren unter miteinander verbundenen Parteien keine „Ãœbertragung“ der Waren i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. ist. Es wäre –bezogen auf den Streitfall– widersprüchlich, die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM –wie es Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 fordert– antidumpingzollrechtlich als eine Partei anzusehen, also die T-GmbH so zu stellen, als hätte sie die weitergegebenen Fahrradteile nach wie vor in ihrem Besitz, andererseits jedoch anzunehmen, sie habe die Fahrradteile einer anderen Person i.S. des Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F. „übertragen“.

18
Die mit dem vorgeschriebenen Verfahren der besonderen Verwendung angestrebte zollamtliche Ãœberwachung der abgefertigten Waren sowie die damit einhergehende Möglichkeit der Kontrolle, ob sie „letztendlich“ in geringfügigen Mengen an einen Montagebetrieb geliefert worden sind, wird durch diese Betrachtungsweise nicht beeinträchtigt, denn die Zollbehörde muss im Fall einer Kontrolle der Verwendung ohnehin alle geschäftlich miteinander verbundenen Parteien gemäß Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 darauf prüfen, ob der gesamte „Verbund“ die Mengenbegrenzung eingehalten hat. Sie kann also im Streitfall sowohl von der T-GmbH als auch von der RTV-GmbH bzw. M in Fa. RM den Nachweis verlangen, dass der Firmenverbund wesentliche Fahrradteile nur in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat an Montagebetriebe geliefert hat.

19
3. Da das FG eine andere Auffassung vertreten und schon die Ãœberschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung durch Abgabe wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH als eine Pflichtverletzung gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK angesehen hat, hat es nicht geprüft, ob der aus der T-GmbH, der RTV-GmbH und M in Fa. RM bestehende Firmenverbund die Mengenbegrenzung bei Lieferungen an Montagebetriebe eingehalten hat und ob ggf. –wie vom HZA angenommen– weitere die Abgabenschuld begründende Pflichtverletzungen seitens der T-GmbH vorliegen (sog. Ausfuhrfälle). Die Sache ist deshalb nicht spruchreif; entsprechende Feststellungen sind vom FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

20
4. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Antidumpingzollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK entstanden ist, soweit die T-GmbH die in den freien Verkehr übergeführten Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei geliefert hat. Diese seitens der T-GmbH einzuhaltende Verwendungsfrist folgt aus Art. 14 VO Nr. 88/97 i.V.m. Art. 294 Abs. 1 ZKDVO a.F. sowie aus den ihr 1997 und 1999 erteilten zollamtlichen Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile. Die T-GmbH hat nach den Feststellungen des FG in einzelnen Fällen diese Verwendungsfrist nicht eingehalten.



Kommentieren

Links: