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BFH VII R 4/08 – Rückforderung berichtigter Vorsteuer gegenüber dem Zessionar


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Hat der Unternehmer einen Umsatzsteuervergütungsanspruch abgetreten und das Finanzamt den Vergütungsbetrag an den Zessionar ausgezahlt, entsteht ein Rückzahlungsanspruch gegen den Zessionar, wenn und soweit der Vergütungsanspruch auf einem später gemäß Â§ 17 UStG berichtigten Vorsteuerabzug beruhte.

Der Rückzahlungsanspruch setzt die Feststellung voraus, dass die Ereignisse, die gemäß Â§ 17 UStG die Vorsteuerberichtigung erfordern, diejenigen Umsätze betreffen, auf deren Besteuerung der abgetretene Vergütungsanspruch beruhte. Verbleibt nach Abzug der berichtigten Vorsteuern in dem von der Zession betroffenen Voranmeldungszeitraum noch ein negativer Umsatzsteuerbetrag, so ist die Rückforderung in Höhe dieses Restbetrags nicht gerechtfertigt (Fortentwicklung der Rechtsprechung).


AO § 37 Abs. 2, § 124 Abs. 2
UStG 2005 § 17 Abs. 1 Satz 7, § 17 Abs. 2 Nr. 1

Urteil vom 27. Oktober 2009 VII R 4/08

Vorinstanz: FG München vom 29. November 2007 14 K 1722/06 (EFG 2008, 587)

Gründe

I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte im Jahr 2004 steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen an eine GmbH & Co. KG (KG) aus. Die daraus entstandenen Vorsteuervergütungsansprüche trat die KG teilweise an die Klägerin ab. Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung bei der KG stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) fest, dass die KG gegenüber der Klägerin noch Verbindlichkeiten aus nicht bezahlten Eingangsrechnungen hatte.

2
Im April 2005 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG angeordnet. Das FA sah die offenen Forderungen der Klägerin damit als uneinbringlich an. Mit Bescheid vom Mai 2005 machte es den von der KG bereits in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 rückgängig.

3
Mit Bescheid vom Juli 2005 forderte das FA von der Klägerin die verrechneten bzw. vergüteten Beträge in Höhe von 258.364,56 € zurück. Mit der Vorsteuerberichtigung bei der KG sei der Rechtsgrund für die aufgrund der Abtretungsanzeigen vorgenommenen Verrechnungen mit eigenen Umsatzsteuerschulden der Klägerin entfallen. Die Verrechnungen seien deshalb rückgängig zu machen.

4
Der gegen den Rückforderungsbescheid eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob den Rückforderungsbescheid auf. Die Rückforderung vergüteter bzw. verrechneter Vorsteuerbeträge für die Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli 2004 sei rechtswidrig. Ein Rückforderungsanspruch setze nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) voraus, dass der Rechtsgrund für die Zahlung entweder von vornherein fehle oder später entfallen sei. Diese Voraussetzung sei aber im Fall der Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1999 nicht erfüllt. Zur Begründung dieser Auffassung bezieht sich das FG auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 27. September 2007 6 K 5154/04 B (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2008, 102) und den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Juli 2006 V B 70/06 (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415). Aufgrund der abschnittsweisen Entstehung der Umsatzsteuer bereits während des Besteuerungszeitraums mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums sei der Rechtsgrund für die Zahlung an die Klägerin in dem in entsprechender Höhe bestehenden Vorsteuerüberschuss aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung der KG zu sehen, und dieser sei auch nicht weggefallen, weil eine Korrektur der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen sei, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung führe nicht zu einer rückwirkenden Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung. Das Urteil des FG ist in EFG 2008, 587 veröffentlicht.

5
Mit seiner Revision rügt das FA, dass das Urteil von den Entscheidungen des BFH vom 9. April 2002 VII R 108/00 (BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562) abweiche und meint sinngemäß, dass der Rechtsgrund für die Auszahlung der an die Klägerin abgetretenen Umsatzsteuervergütungen aus den in der Senatsentscheidung vom 19. August 2008 VII R 36/07 (BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90) genannten Gründen durch den Berichtigungsbescheid weggefallen sei.

6
Die Klägerin rügt die mangelnde Zuständigkeit des erkennenden Senats und hält außerdem die Anrufung des Großen Senats des BFH wegen Divergenz der Senatsrechtsprechung zu der Entscheidung des V. Senats vom 13. Juli 2006 V B 70/06 (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415) für geboten. In der Sache schließt sie sich –zusammengefasst– den Ausführungen des V. Senats an.

II.
7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Senat kann mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob der Rechtsgrund für die Auszahlung an die Klägerin als Abtretungsempfängerin (Zessionarin) mit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs der Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli 2004 durch Bescheid vom 13. Mai 2005 über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 weggefallen und die Klägerin als Empfängerin der Steuervergütung zur Rückgewähr verpflichtet ist.



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