BFH III R 87/07 – Zeitlicher Regelungsumfang eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids
Zeitlicher Regelungsumfang eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids
Ein Bescheid, mit dem die Festsetzung von Kindergeld mit Wirkung vom 1. Januar eines früheren Jahres unter Hinweis auf § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben wird, weil die Einkünfte und Bezüge des Kindes in diesem Jahr den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten hätten, ist aus Empfängersicht dahin auszulegen, dass nur für dieses Jahr eine Verwaltungsentscheidung getroffen werden soll, nicht aber für den nachfolgenden Zeitraum bis zur Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids.
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AO § 119 Abs. 1
BGB §§ 133, 157
EStG § 70 Abs. 4
Urteil vom 26. November 2009 III R 87/07
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 6. September 2007 14 K 2130/06 Kg
Gründe
I.
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhielt für seinen Sohn C, der im August 1999 nach Leistung des Zivildienstes eine Ausbildung zum Bankkaufmann begann, ab August 1999 Kindergeld.
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Im November 2001 teilte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) dem Kläger mit, die Kindergeldzahlungen seien ab Januar 2000 eingestellt worden, weil die Einkünfte von C nach der vorgelegten Ausbildungsbescheinigung den Jahresgrenzbetrag überstiegen. Der Kläger wurde gebeten, zur abschließenden Prüfung die Einkünfte von C nachzuweisen.
3
Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen kam die Familienkasse zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte und Bezüge von C im Jahr 1999 den anteiligen Grenzbetrag nicht überstiegen, aber im Jahr 2000 über dem Jahresgrenzbetrag von 13.500 DM lagen. Mit Bescheid vom 1. August 2002 hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld „mit Wirkung vom 01.01.2000 gemäß § 70 Abs. 4 EStG“ auf. Sie wies darauf hin, dass eine Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern sei, wenn nachträglich bekannt werde, dass die Einkünfte und Bezüge eines Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) über- oder unterschritten hätten. Sie war der Ansicht, die Einkünfte und Bezüge von C hätten sich im Jahr 2000 auf mehr als 13.500 DM belaufen. Der Kläger legte gegen den Bescheid, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, keinen Einspruch ein.
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Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 und vom 15. August 2005 beantragte der Kläger die Zahlung von Kindergeld für das Jahr 2001. Er verwies auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260), nach dem die Sozialversicherungsbeiträge eines nichtselbständig beschäftigten Kindes nicht in dessen Einkünfte und Bezüge einbezogen werden dürfen.
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Die Familienkasse lehnte durch Bescheid vom 2. September 2005 den Antrag ab. Sie führte aus, die Bestandskraft des Bescheids vom 1. August 2002 erstrecke sich bis zum Monat seiner Bekanntgabe. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
6
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Es verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 festzusetzen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Aufhebungsbescheid vom 1. August 2002 entfalte keine Bindungswirkung für das Jahr 2001. Die Familienkasse habe die Aufhebung der Festsetzung ausschließlich damit begründet, dass die Einkünfte und Bezüge von C im Jahr 2000 den Grenzbetrag überstiegen hätten. Der Kläger habe daher den Bescheid dahin verstehen können, dass die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ausschließlich für das Jahr 2000 geprüft habe und die Festsetzung nur für dieses Jahr habe aufheben wollen. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld seien im Jahr 2001 erfüllt.
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Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, die Rechtsauffassung des FG stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der mehrfach bestätigt habe, dass die Bindungswirkung eines Aufhebungsbescheids mit dem Monat der Bekanntgabe ende.
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Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
10
Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die (negative) Bindungswirkung des Aufhebungsbescheids vom 1. August 2002 das Jahr 2001 nicht erfasst.
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1. Zwar erstreckt sich die Bestandskraft eines nicht angefochtenen Bescheids, durch den die Gewährung von Kindergeld abgelehnt oder auf Null Euro (DM) festgesetzt oder durch den eine Kindergeldfestsetzung aufgehoben wird, in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (z.B. BFH-Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88, und VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 III R 24/06, BFHE 216, 225, BStBl II 2007, 530). Allerdings ist es der Familienkasse unbenommen, in einem Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid eine hiervon abweichende zeitliche Regelung zu treffen.
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2. Das FG hat den Inhalt des Bescheids vom 1. August 2002 zu Recht dahin ausgelegt, dass aus der Sicht des Klägers nur für das Jahr 2000 eine Verwaltungsentscheidung ergehen sollte.
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