Leistungen gegen Entgelt an Vermieter altenbetreuter Wohnungen kein Betrieb der Wohlfahrtspflege oder Zweckbetrieb (BFH I R 49/08)
Verpflichtet sich eine gemäß Â§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft gegenüber der steuerpflichtigen Vermieterin von Wohnungen, Leistungen gegen Entgelt im Bereich des altenbetreuten Wohnens zu erbringen, begründet die Körperschaft damit weder einen Betrieb der Wohlfahrtspflege noch einen steuerbefreiten Zweckbetrieb.
AO § 65, § 66
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 49/08
Vorinstanz: Sächsisches FG vom 2. April 2008 8 K 1798/03 (EFG 2008, 1851)
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Gründe
I.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein eingetragener Verein der freien Wohlfahrtspflege.
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Nach § 2 seiner Satzung versteht er sich in seinem Wirken als Interessenvertreter der älteren Menschen und Kinder sowie hilfsbedürftiger Bürger aller Altersgruppen ohne Ansehen der Person. Er setzt sich für die Wahrung und Verwirklichung der sozialen, kulturellen und ökologischen Rechte dieser Personen ein. Der Kläger leistet mit seinen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern beratende, betreuende, pflegende und unterstützende Hilfe mit dem Ziel, eine aktive Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Er unterstützt und fördert das öffentliche Gesundheits- und Wohlfahrtswesen, das freiwillige soziale Engagement in allen Tätigkeitsfeldern des Klägers unter besonderer Berücksichtigung der offenen Altenhilfe, vor allem in Form von Nachbarschafts- und Selbsthilfe, die Kinder-, Jugend-, Familien-, Behinderten- und Gesundheitshilfe sowie die Solidarität von Menschen aller Generationen. Nach § 3 der Satzung ist der Kläger selbstlos tätig. Seine Mittel dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden; Zuwendungen an Mitglieder sind nicht zulässig. Nach § 13 der Satzung wird die Arbeit des Klägers aus Mitgliedsbeiträgen, Sammlungen, Spenden, Einnahmen aus Lotterien (zweimal jährlich) sowie der eigenen Tätigkeit im Rahmen von Zweckbetrieben finanziert.
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Der Kläger hat als sog. Betreiber mit der V-KG als Vermieterin am 9. April 1997 für das Objekt E einen Betreibervertrag für 20 Jahre fest (mit Option zur Verlängerung um 10 Jahre) abgeschlossen.
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In der Präambel des Vertrags ist hierzu festgestellt, dass die V-KG Wohnungen im Objekt E vermietet. Sie werde mit Senioren für dieses Objekt Mietverträge abschließen, bei denen neben der Vermietung der Wohnung die Erbringung von sog. Basisleistungen zugesichert werde. Darüber hinaus werde die V-KG den Bewohnern zusichern, dass der Kläger als Betreiber auch Zusatzleistungen erbringe. Nach § 1 Abs. 1 des Vertrages verpflichtet sich der Kläger, die Versorgung der Bewohner sicherzustellen. Er soll den Senioren aus eigenem Antrieb Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen anbieten und die Senioren auf ggf. bestehenden Betreuungs-, Service- und Pflegebedarf hinweisen. Er habe sich deshalb von sich aus und regelmäßig über die Bedürfnisse der Bewohner und insbesondere deren Gesundheitszustand zu informieren. Er habe die mit den Bewohnern direkt bzw. mit dem Vermieter vertraglich vereinbarten Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen fachgerecht zu erbringen oder die Erbringung durch Dritte sicherzustellen. Es sei ihm freigestellt, andere Dienstleistungsunternehmen in Anspruch zu nehmen. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages verpflichtet sich der Kläger, die Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen für die Bewohner im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fachgerecht zu erbringen. Im Gegenzug verpflichtet sich die V-KG, ab dem 1. Januar 1997 mindestens 10.900 DM je Monat und ab Juli 1997 11.680 DM je Monat an Betreuungsentgelt für sog. Basisleistungen an den Betreiber abzuführen. Dieses Betreuungsentgelt soll durch die V-KG von den Mietern vereinnahmt werden. Wird ein höheres Betreuungsentgelt von den Mietern für die Erbringung von Basisleistungen erlöst, sind die daraus resultierenden Mehreinnahmen an den Kläger abzuführen. Die Abrechnung erfolgt halbjährlich. Das Betreuungsentgelt erhöht sich mit Anpassung der vereinbarten Staffelmieten.
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Nach § 2 Abs. 1 erbringt der Kläger die Basisleistungen nach Anlage 1 und Zusatzleistungen nach Anlage 2 des Vertrages. Diese Leistungen sind mit der V-KG und den Mietern abzustimmen. Die Erbringung der Basisleistungen wird grundsätzlich im Mietvertrag vereinbart. Ãœber Zusatzleistungen ist mit den jeweiligen Bewohnern ein gesonderter Betreuungsvertrag zu schließen. Ein Betreuungsvertrag über Zusatzleistungen soll vom Kläger mit einem Mieter nur dann abgeschlossen werden, wenn dieser auch mit der V-KG einen Vertrag über die Erbringung von Basisleistungen abgeschlossen hat und das Entgelt hierfür bezahlt. Für den Fall, dass der Kläger einen Betreuungsvertrag über Basisleistungen oder Zusatzleistungen direkt abgeschlossen hat, sollen diese auf die Verpflichtung der V-KG zur Abführung angerechnet werden. Der Kläger hat über Gemeinschafts- und Funktionsräume im Haus E mit der V-KG einen gesonderten Mietvertrag geschlossen. Er ist verpflichtet, diese Räume zur Betreuung der Senioren zu nutzen und dort regelmäßig und in ausreichendem Umfang Basis- und Zusatzleistungen anzubieten und zu erbringen. Der Unterhalt und Betrieb dieser Flächen sollen durch den Kläger auf dessen Namen und Kosten erfolgen.
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Laut der Anlage zum Vertrag umfassen die Grundleistungen u.a. die zeitweise werktägliche Präsenz einer Fachkraft „Sozial- und Gesundheitsbetreuung“, die Vermittlung von Mahlzeitendiensten, die Organisation des Gemeinschaftsbereichs (Veranstaltungen), die Vermittlung ambulanter Hilfsleistungen allgemeiner Art, die Vermittlung von Dienstleistungen, z.B. Wohnungsreinigung, und die Vermittlung eines Pflegeplatzes. Die Zusatzleistungen umfassen u.a. die Grund- und Behandlungspflege bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit, die hauswirtschaftliche Versorgung, Pflegeleistungen nach den Pflegestufen des Sozialgesetzbuchs (SGB) –Elftes Buch (XI)– soziale Pflegeversicherung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung bei Pflegebedürftigkeit nach den Bestimmungen des SGB XI sowie hauswirtschaftliche Leistungen, soweit diese nicht nach dem SGB –Fünftes Buch (V)– Krankenversicherung und SGB XI erbracht werden.
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In den Mietverträgen zwischen der V-KG und dem jeweiligen Bewohner ist bestimmt, dass die V-KG die Wohnung im Rahmen des altenbetreuten Wohnens zur Verfügung stellt. Die V-KG habe einen Betreuungsvertrag zu Gunsten der Wohnungsmietergemeinschaft E geschlossen, wonach die genannten Grundleistungen zur Verfügung gestellt würden, ohne dass diese gesondert zu bezahlen, sondern bereits in der Miete enthalten seien. Die Mieter könnten weitere Zusatzleistungen in Anspruch nehmen, allerdings nur aufgrund gesondert mit dem Kläger abzuschließender Vereinbarung und Bezahlung. Die Miete wird aufgegliedert nach Grundmiete inklusive Basisleistungen sowie Basisleistung für die zweite und jede weitere Person je Monat.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) war der Auffassung, dass die Basisleistungen im Rahmen des betreuten Wohnens als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen seien, und erließ für das Streitjahr 1997 entsprechende Steuerbescheide.
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