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Kein Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben nach verwaltungsintern getroffener Feststellung "erbschaftsteuerfrei" (BFH VII R 19/09)


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1. Einen Anspruch auf Ãœberlassung von Kopien der von Kreditinstituten gemäß § 33 ErbStG eingereichten Anzeigen haben Erben nicht, wenn das Finanzamt die Akte mit dem Vermerk „steuerfrei“ geschlossen hat, ohne die Erben an dem Verfahren zu beteiligen.

2. Auch aus Treu und Glauben ergibt sich kein Informationsanspruch gegen das Finanzamt, wenn die Auskunft nicht der Wahrnehmung von Rechten im Besteuerungsverfahren dienen kann.


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ErbStG § 33
FGO § 40
BGB §§ 2039, 242
AO §§ 91, 364, 78

Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 19/09

Vorinstanz: Hessisches FG vom 15. Januar 2008 1 K 1448/07

Gründe

I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihre beiden Brüder sind Miterben nach ihrem im Februar 2002 verstorbenen Vater. Erbschaftsteuerbescheide ergingen nicht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) sah nach Prüfung von Amts wegen von der Festsetzung von Erbschaftsteuer ab, da die Steuerfreibeträge nicht überschritten waren. Zu dem Erbfall sind Anzeigen von Kreditinstituten nach § 33 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) eingereicht worden.

2
Ende 2006 bat die Klägerin das FA, ihr Kopien der von den Kreditinstituten eingereichten Anzeigen zu überlassen, die sie im Erbschaftsstreit mit ihren Brüdern benötige. Das FA lehnte das mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 16. Februar 2007, ab und berief sich dabei auf das Steuergeheimnis, das im Interesse der beiden Brüder zu schützen sei. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Ãœberlassung der Kopien an die drei Geschwister beantragte, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hielt die Klage insoweit für unzulässig, als die Ãœberlassung der Kopien auch an die beiden Brüder beantragt worden war, und im Ãœbrigen deshalb für unbegründet, weil es an einem Ãœberlassungsanspruch fehle. Solch ein Anspruch ergebe sich außerhalb eines Besteuerungsverfahrens mangels der erforderlichen „Sonderverbindung“ auch nicht aus Treu und Glauben.

3
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, sie habe nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Ãœberlassung der erbetenen Kopien der Mitteilungen, die Kreditinstitute dem FA nach § 33 ErbStG eingereicht hätten. Da sie Mitglied einer Erbengemeinschaft sei, habe sie die Ãœberlassung nicht nur an sich selbst, sondern an alle Mitglieder der Erbengemeinschaft beantragt. Eine Verletzung des Steuergeheimnisses scheide deshalb entgegen der Ansicht des FA von vornherein aus. Für das FA sei es ein Leichtes, dem Antrag zu entsprechen, während es für sie, die Klägerin, ohne diese Hilfestellung kaum möglich sei, festzustellen, ob ihr Vater über die ihr bekannten Konten hinaus noch weitere Bankverbindungen unterhalten habe.

II.
4
Die Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

5
1. Soweit die Klägerin mit der Klage den Antrag auf Ãœberlassung von Kopien an ihre Brüder gestellt hat, hat das FG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt i.S. des § 40 Abs. 2 FGO. Auch aus ihrer Stellung als Mitglied der Erbengemeinschaft ergibt sich die Klagebefugnis nicht.

6
Zwar kann gemäß § 2039 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) jeder Miterbe die Leistung auf einen zum Nachlass gehörenden Anspruch nur an alle Erben fordern. Bei der klageweisen Durchsetzung eines solchen Anspruchs muss der Antrag auf Leistung an alle Erben lauten. Der klagende Miterbe handelt in gesetzlicher Prozessstandschaft, nicht als Vertreter der übrigen Erben (Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 5. April 2006 IV ZR 139/05, BGHZ 167, 150).

7
Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Ãœberlassung der Kopien der Anzeigen handelt es sich aber nicht um einen zum Nachlass gehörenden Anspruch. Die Anzeigen sind dem FA von Kreditinstituten gemäß § 33 ErbStG eingereicht worden. Danach hat, wer sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befasst, diejenigen in seinem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und diejenigen gegen ihn gerichteten Forderungen, die beim Tod eines Erblassers zu dessen Vermögen gehörten oder über die dem Erblasser zur Zeit seines Todes die Verfügungsmacht zustand, in der Regel innerhalb eines Monats, seitdem der Todesfall dem Verwahrer oder Verwalter bekanntgeworden ist, dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen. Die Anzeigen dienen der vom FA vorzunehmenden Prüfung von Amts wegen, ob Erbschaftsteuer festzusetzen oder von der Festsetzung wegen Nichterreichens der Freibeträge abzusehen ist. Da Schuldner der Erbschaftsteuer nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jeder einzelne Erbe für den auf ihn entfallenden Erbteil ist und die Steuer gegen jeden Erben gesondert festgesetzt wird, berührt dieses Besteuerungsverfahren die Rechtsstellung der Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers –anders als bei der Einkommensteuerfestsetzung für den Verstorbenen– nicht. Einen Anspruch aus dem Nachlass kann es insoweit nicht geben.

8
2. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Ãœberlassung der Kopien an sich selbst verlangt.

9
a) Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 364 der Abgabenordnung (AO). Danach sind den Beteiligten, soweit es noch nicht geschehen ist, die Unterlagen der Besteuerung auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gibt, von Amts wegen mitzuteilen. Die Anzeigen der Kreditinstitute stellen zwar zweifellos Unterlagen für die Erbschaftsbesteuerung dar. Die Klägerin ist aber nicht Beteiligte i.S. von § 364 AO. Wegen der Stellung der Norm im Abschnitt der Verfahrensvorschriften des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ergibt sich die Begriffsbestimmung des Beteiligten aus § 359 AO. Beteiligte sind danach der oder die Einspruchsführer und die Hinzugezogenen. Die dadurch bedingte Beschränkung der Anspruchsberechtigten gegenüber dem Beteiligtenbegriff des § 78 AO rechtfertigt sich aus der besonderen Funktion der Vorschrift, ein rechtsstaatlich geordnetes Rechtsbehelfsverfahren, insbesondere unter Beachtung des Anspruchs des Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör, sicherzustellen (vgl. Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 364; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 364 AO Rz 1). Das heißt, die Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung soll in der jeweiligen Steuerveranlagung gewährleisten, dass der Verfahrensbeteiligte zu den in den Unterlagen dokumentierten Tatsachen Stellung nehmen und so seine Rechte in dem Besteuerungsverfahren uneingeschränkt wahrnehmen kann. Ist dieses Verfahren abgeschlossen, ohne dass es zu einem Rechtsbehelf gekommen ist, kann die Mitteilung der Besteuerungsunterlagen diese Funktion nicht mehr erfüllen. Für den geltend gemachten Anspruch besteht kein berechtigtes Interesse mehr. So liegt es im Streitfall. Der Anspruch der Klägerin kann nicht auf § 364 AO gestützt werden, da das Besteuerungsverfahren, sofern man gegenüber der Klägerin überhaupt von einem solchen Verfahren sprechen kann, bei Antragstellung ohne Steuerfestsetzung abgeschlossen und die Klägerin nie Beteiligte i.S. des § 364 AO war.


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