Die Maut für Personenwagen wird kommen
Kommentar: Aus Wahlversprechen wird Abzocke von Peter Schwerdtmann
ampnet – 30. Januar 2010. In den Kaffeepausen des 48. Verkehrsgerichtstages in Goslar hörte man kaum noch Zweifel: Die Maut für Personenwagen wird kommen. Da waren sich die rund 1700 Teilnehmer aus Verkehrsministerien, anderen Behörden, Verbänden, Wissenschaft und Technik einig. Nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen wird auch das Wahlversprechen der Kanzlerin, keine Pkw-Maut zu wollen, nichts mehr wert sein.
Aus berufenem Munde wurde in Goslar immer wieder darauf hingewiesen, dass allen Dementis zum Trotz im Hintergrund bereits Arbeitsgruppen an den Details feilen. Danach soll die Maut pro Jahr und Personenwagen etwa 100 Euro einbringen, und niemand glaubt mehr an die Zusage, die anderen Abgaben der Autofahrer würden abgebaut, so dass die Gesamtbelastung nicht höher werde.
Optimisten halten eine Steuersenkung in homöopathischen Dosen für nicht ausgeschlossen. Die große Mehrheit der Experten geht aber davon aus, dass die Gier angesichts der Haushaltslage kräftiger sein wird als die Zusagen von gestern. Die Abzocke wird nicht zu vermeiden sein. Rund Vier Milliarden werden alle Dämme brechen lassen.
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Dann werden Pkw und Lkw in Deutschland bald 60 Milliarden aufbringen über Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer, Kfz-Steuer und Lkw-Maut. Im Schnitt macht das pro Auto und Jahr rund 1250 Euro aus, die dem Staat dann zufließen.
Zwei Drittel dieser Summe – so ermittelte der ADAC – werden heute schon vom Staat für andere Zwecke als den Straßenverkehr ausgegeben. Nicht einmal 17 Milliarden Euro stecken Kommunen. Länder und Bund ins Straßennetz, und nach dem Auslaufen des Konjunkturpakets 2 werden die Mittel zurückgefahren. Der Autofahrer wird dann noch mehr zur munter sprudelnden Geldquelle für die öffentlichen Haushalte.
Wer da noch eine Finanzierung der Infrastruktur durch die Nutzer fordert, der täuscht sich und andere. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fand in einer aktuellen Studie heraus, dass ein Personenwagen die Infrastrukturkosten zu 421 Prozent trägt, der deutsche Lkw dank Maut zu 210 Prozent, der ausländische Pkw-Fahrer über die Mineralölsteuer zu 195 Prozent und der ausländische Lkw-Fahrer über die Maut zu 154 Prozent.
Trotz der Fakten gibt es noch immer Planer und Fundamentalisten, die sich angesichts dieser Margen nicht schämen, einen größeren Beitrag der Autofahrer zu fordern. Auch das Argument, die Ausländer müssten für unsere Straßen auch einen Obulus leisten, trifft also nicht. Selbst die zahlen mehr als benötigt an die deutsche Staatskasse.
Wenn es um die Verkehrssicherheit geht, sprechen viele mit gespaltener Zunge. Auf der einen Seite prangern sie die EU-Mitgliedsstaaten da, sie hätten das Ziel nicht erreicht, die Zahl der Verkehrstoten in der EU von 2001 bis 2010 zu halbieren. Auf der anderen Seite behaupten sie aber, eine Pkw-Maut für Autobahnen werde keinen Einfluss auf das Unfallgeschehen haben. Sie akzeptieren damit aber, dass wir den Verkehr von der der Autobahn – der sichersten Straße, die wir haben – mit Gebühren vertreiben. Der ADAC hat errechnet: „Würde nur jeder fünfte Autofahrer statt der Autobahn die Landstraße benutzen, wären jährlich 350 Verkehrstote und 13 000 Verletzte zusätzlich zu beklagen.“
Bei den vier Extra-Milliarden aus einer Pkw-Maut auf Autobahnen geht es also weder um das Heranschaffen von Investitionsmittel für Verkehrsinvestitionen oder um das Heranziehen ausländischer Fahrer oder gar um die Verkehrssicherheit. Es geht ums Geld, von dem zunächst einmal die Mautbetreiber rund ein Fünftel für den Betrieb des Systems kassieren würden. Heute ist eine Pkw-Maut also nichts anderes als eine Steuererhöhung, die Tote und Verletzte in Kauf nimmt.
Später mag sich der Blick auf die Pkw-Maut ändern. Wenn die Elektromobilität in zwei oder drei Jahrzehnten eine wesentliche Rolle im Verkehr übernimmt, haben Stromversorger und Staat das Recht, über eine Bezahlung der Mobilität auf einem anderen Weg nachzudenken, weil Strom für Autos dann sicher zu anderen Tarifen abgegeben wird als der Strom für den Kühlschrank und weil die Mineralölsteuer wegbrechen wird.
Dann – aber erst dann – wäre eine Maut fällig, die aber würde dann für alle Straßen als eine Mobilitätsgebühr gelten. Bis dahin aber ist jeder Ansatz für eine Pkw-Maut nichts anderes als Abzocke und ein gebrochenes Wahlversprechen. Wir werden es erleben, nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen oder – wie unsere Bundesregierung zu sagen pflegt – nach der Steuerschätzung im Mai. (ampnet/Sm)