GEM-Länderbericht untersucht Unternehmensgründungen in Deutschland
(idw) Einwanderer machen sich häufig selbstständig – junge Leute immer seltener
GEM-Länderbericht untersucht Unternehmensgründungen in Deutschland
Migrantinnen und Migranten sind gründungsfreudiger als die einheimische Bevölkerung.
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In den vergangenen gut drei Jahren haben rund sieben Prozent der Migranten ein Unternehmen gegründet oder waren gerade dabei, es zu tun. Unter den Deutschen ohne Migrationshintergrund waren es nur 4,2 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Mit dem diesjährigen Schwerpunktthema „Gründungen durch Menschen mit Migrationshintergrund“ haben die Wissenschaftler die unternehmerischen Aktivitäten von Einwanderern ins Blickfeld gerückt, aber auch, wie in den Vorgängerstudien dieses GEM-Länderberichts 2010, das Gründungsverhalten in Deutschland im Allgemeinen untersucht.
Die höhere Gründungsbereitschaft von Migrantinnen und Migranten scheint häufig eine Reaktion auf die im Vergleich zu Einheimischen schlechteren Chancen am Arbeitsmarkt zu sein. Viele machten aus der Not eine Tugend und entschieden sich für die Selbstständigkeit anstelle von Arbeitslosigkeit, erläutern die Gründungsforscher der Leibniz Universität Hannover. Auffällig ist zudem, dass die von Migranten gegründeten Unternehmen im Durchschnitt größer sind als die von anderen Selbstständigen. Mehr als 70 Prozent beschäftigen bereits bei der Gründung Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter oder beabsichtigen, in Kürze jemanden einzustellen. Bei den einheimischen Gründerinnen und Gründern sind es 50 Prozent.
Die Daten der Studie zeigen zudem einen klaren Trend zu einem abnehmenden Anteil der 18- bis 24-Jährigen unter allen Gründern in Deutschland. Im Jahr 2002 entfielen auf diese Altersgruppe noch 14 Prozent aller Gründer, 2010 nur noch 3,5 Prozent. „Das Ausmaß dieses Phänomens ist in Deutschland größer als in anderen Ländern und lässt sich nicht allein mit dem demografisch bedingten Rückgang der Population dieser Altersgruppe begründen“, erklären die Autoren der Studie.
Generell belegt Deutschland bei der Anzahl der Unternehmensgründungen einen Platz im Mittelfeld der vergleichbaren Länder. Hinsichtlich der Gründungschancen sind Deutsche pessimistischer als Bürgerinnen und Bürger anderer Länder und eher risikoscheu. Die Angst vor dem Scheitern hält sie offenbar relativ häufig davon ab, zu gründen. Bei den Rahmenbedingungen für erfolgreiche Gründungen erhält Deutschland vergleichsweise schlechte Noten. Vor allem bei der schulischen und außerschulischen Vorbereitung auf unternehmerische Selbstständigkeit, den gesellschaftlichen Werten und Normen für ein gutes Gründungsklima sowie beim Arbeitsangebot für neue und wachsende Unternehmen gebe es großen Nachholbedarf, sagen die Wissenschaftler. Dafür schneidet Deutschland bei der Förderinfrastruktur und der Priorisierung des Themas „Unternehmensgründungen“ durch die Politik vergleichsweise gut ab. Von der Wirtschaftskrise sehen sich Gründer in Deutschland 2010 wesentlich weniger beeinträchtigt als noch im Vorjahr. Die Krise taugt laut den Autoren nicht (mehr) als Erklärung für geringe Gründungszahlen.
Die Studie beruht auf den Daten des Global Entrepreneurship Monitors (GEM), einem Forschungskonsortium, das jährlich und weltweit vergleichbare Daten zu unternehmerischen Aktivitäten erhebt. Prof. Rolf Sternberg leitet das GEM-Team an der Leibniz Universität. Die Studie im Internet: www.wigeo.uni-hannover.de/gem2010.html
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Rolf Sternberg, Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie, unter Telefon 0511 762 4496 oder per E-Mail unter sternberg@wigeo.uni-hannover.de gern zur Verfügung.
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