Keine Untätigkeitsklage bei laufendem Musterverfahren
Der Bundesfinanzhof (im Folgenden „BFH“) hat in seinem Urteil vom 7. Oktober 2010 (Az. V R 43/08) entschieden, dass vor Erhebung einer Untätigkeitsklage eine ausstehende Entscheidung in einem finanzgerichtlichen „Musterverfahren“ als zureichender Grund im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO abzuwarten ist.
.
Eine Klage nach § 44 FGO ist ohne Abschluss eines vorherigen Verfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes innerhalb angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (§ 46 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dazu führt der BFH in dem oben genannten Urteil aus, dass aus § 46 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 FGO folgt, dass eine Frist von bis zu sechs Monaten nach Einlegung des Einspruchs regelmäßig als angemessen anzusehen ist. Des Weiteren führt der BFH aus, dass das Tatbestandsmerkmal „innerhalb angemessener Frist“ auch nach Ablauf von sechs Monaten zu prüfen ist. Dabei sei nach den gesamten Umständen gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob eine darüber hinaus gehende Frist noch angemessen ist. Danach sei auf der einen Seite der Umfang und direchtlichen Schwierigkeiten des Falles und auf der anderen Seite das Interesse des Rechtsbehelfsführers an einer baldigen Entscheidung abzuwägen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO muss ein Steuerpflichtiger eine Verzögerung der Entscheidung über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf über eine angemessene Frist hinaus nur dann hinnehmen, wenn dafür ein zureichender Grund besteht und dieser ihm mitgeteilt worden ist.
Nach Auffassung des BFH (a.a.O.) liegt ein zureichender Grund vor, wenn eine Entscheidung eines ausstehenden Musterverfahrens abzuwarten sei. Dabei soll das Musterverfahren dadurch gekennzeichnet sein, dass dort dieselbe Streitfrage entscheidungserheblich ist wie in demjenigen Verfahren, in dem die Entscheidung über den Einspruch zurückgestellt werden soll.
Es wird empfohlen, stets vor Einlegung einer so genannten Untätigkeitsklage nach § 46 FGO zu prüfen, ob ein zureichender Grund für eine bisherige Nichtentscheidung vorliegt und ob dies dem Steuerpflichtigen (Einspruchsführer) mitgeteilt wurde.
( openPR )
Steuerberater Diplom-Betriebswirt
Nils Kläschen
Himmelstraße 8
22299 Hamburg
Telefon: (040)5896.4135-0
Telefax: (040)5896.4135-55
www.stbklaeschen.de