Anwendung der Öffnungsklausel bei der ab 2005 geltenden Altersrentenbesteuerung (BFH X R 58/08)
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ccc) Das Ziel des Gesetzgebers bei der Schaffung des AltEinkG war es, eine „steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen“ zu erreichen (BTDrucks 15/2150, S. 1 und S. 22). Die verfassungsrechtlich geforderte Beseitigung der Ungleichbehandlung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte hat eine so hohe Bedeutung für das Gemeinwohl, dass das Interesse der Kläger am Fortbestand der Ertragsanteilsbesteuerung ihrer Renteneinkünfte dahinter zurücktreten muss.
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(1) Der Gesetzgeber war verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte zu treffen, da ansonsten § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. nicht weiter anwendbar gewesen wären. Als tragendes Element der grundlegenden Neuordnung der steuerlichen Behandlung aller Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünfte wurde bei den Renten der Basisversorgung die sog. nachgelagerte Besteuerung eingeführt, die durch den steuerlichen Abzug der Altersvorsorgebeiträge bei aktiv Erwerbstätigen und die volle Besteuerung der Renteneinkünfte charakterisiert ist (BTDrucks 15/2150, S. 1 und S. 22). Für die Ãœbergangsphase wurde berücksichtigt, dass ein Teil der Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet wurde und aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Vollversteuerung der daraus resultierenden Renten nicht zulässig war. Hierdurch sollte „im Zusammenwirken mit der Regelung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b EStG eine aus verfassungsrechtlichen und haushaltswirtschaftlichen Gründen erforderliche schrittweise steuerrechtliche Gleichbehandlung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und Beamtenpensionen andererseits und eine ausgewogene Besteuerung im Verhältnis zu den übrigen Steuerpflichtigen, insbesondere den Erwerbstätigen“ erreicht werden (BTDrucks 15/2150, S. 40).
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(2) Die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen bzw. Mindereinnahmen zu vermeiden, ist kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger regelmäßig überwindendes Gemeinwohlinteresse, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht werden könnte. Das Interesse des Staates, durch die Änderung von Steuergesetzen unerwartete Mindereinnahmen auszugleichen oder bestimmte Lenkungseffekte des Steuerrechts zu korrigieren, ist hingegen ein wichtiger Gemeinwohlbelang (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17).
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Das muss auch im vorliegenden Fall gelten, in dem das Ziel des Gesetzgebers nicht die Einnahmenvermehrung ist, sondern eine verfassungskonforme Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte, ohne durch die damit verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden (BTDrucks 15/2150, S. 2 und S. 22). Das BVerfG selbst hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 ausdrücklich gefordert, dass sich der Gesetzgeber bei der Ãœbergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen zu orientieren hat. Insoweit stellt auch die Finanzierbarkeit der Neuregelung einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar.
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(3) Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um einen vollständigen –vom BVerfG selbst geforderten– Systemwechsel der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte handelt. Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.); entsprechend ist dann auch das besondere Vertrauen des Steuerpflichtigen weniger schutzwürdig (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III. 4.c cc). Dieser Aspekt gilt umso mehr, als durch die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung aufgehoben wurde und erst das neue System eine verfassungskonforme Rechtslage herstellt.
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ddd) Der Einzelne kann sich zudem nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, m.w.N.).
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Für die Kläger war bereits seit dem Jahr 1980 erkennbar, dass die für sie günstige Ertragsanteilsbesteuerung ihrer künftigen Renten rechtlich umstritten war. Die verfassungsrechtliche Ãœberprüfung des Umfangs der steuerlichen Begünstigung der Rentner aufgrund der Ertragsanteilsbesteuerung ihrer Renten gegenüber pensionierten Beamten, die ihre Altersbezüge grundsätzlich voll zu versteuern hatten, hatte nach Auffassung des BVerfG bereits im Jahr 1980 ein Ausmaß erreicht, das eine Korrektur notwendig machte (Beschluss vom 26. März 1980 1 BvR 121/76, 1 BvR 122/76, BVerfGE 54, 11, BStBl II 1980, 545, unter B.III.).
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In seinem Beschluss in BVerfGE 86, 369 hatte das BVerfG ebenfalls die Notwendigkeit einer Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte betont, jedoch darauf hingewiesen, die dem Gesetzgeber für die Angleichung der Vorschriften über die steuerliche Behandlung von Renten und Ruhegehältern zur Verfügung stehende Zeit sei noch nicht abgelaufen. Angesichts der sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die der Gesetzgeber bei der Neuregelung der steuerlichen Behandlung sämtlicher in Deutschland bestehender Formen der Alterssicherung –einschließlich der der selbständigen Berufe– zu bewältigen habe, und angesichts der Probleme, die schon der Vergleich dieser Normensysteme nach Voraussetzungen, Finanzierungsformen und wirtschaftlichen Folgen aufwerfe, sei ein größerer zeitlicher Spielraum des Gesetzgebers gerechtfertigt.
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Dass das BVerfG nach weiteren zehn Jahren in dem Urteil in BVerfGE 105, 73 die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG einerseits und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG andererseits seit dem Jahr 1996 als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ansah, kam daher nicht unerwartet, sondern war nur die folgerichtige Konsequenz seiner bisherigen Rechtsprechung.
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3. Ein besonderer Vertrauenstatbestand der Kläger, die bereits seit 1989 (Kläger) bzw. 1999 (Klägerin) Rentenbezieher sind, ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesformulierung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 2 EStG a.F., wonach als Ertrag des Rentenrechts für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschied zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag gilt, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche Laufzeit ergibt.
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