Beerdigungskosten als dauernde Last (BFH X R 17/09)
Hat sich der Vermögensübernehmer gegenüber den Vermögensübergebern (Eltern) in einem Vermögensübergabevertrag verpflichtet, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen, so sind die dadurch nach dem Tod des Letztverstorbenen entstandenen angemessenen Aufwendungen als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, soweit nicht der Vermögensübernehmer, sondern ein Dritter Erbe ist.
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EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 Satz 1, § 24 Nr. 2
Urteil vom 19. Januar 2010 X R 17/09
Vorinstanz: FG München, Außensenate Augsburg vom 11. Februar 2009 10 K 4454/07 (EFG 2009, 1455)
Gründe
I.
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) übernahm im Ãœbergabevertrag vom 22. Juni 1990 als Gegenleistung für die Ãœbergabe mehrerer Grundstücke samt Gebäuden u.a. die Verpflichtung, die Kosten für eine standesgemäße Beerdigung seiner Eltern, der Vermögensübergeber, zu tragen.
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Nach dem Tod der letztversterbenden Mutter des Klägers entstanden diesem unstreitig Beerdigungskosten in Höhe von 4.149 €. Erbin der Mutter war die Schwester des Klägers.
3
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr 2005 fest, ohne die geltend gemachten Beerdigungskosten zu berücksichtigen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1455 veröffentlichtem Urteil statt. Beerdigungskosten seien Bestandteil des Inbegriffs „typischer“ Versorgungsleistungen. Ihre Abziehbarkeit als dauernde Last ende auch nicht deswegen, weil der letzte Altenteilsberechtigte versterbe und ein Dritter Erbe nach dem Letztversterbenden werde. Maßgebendes Kriterium für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut Gegenstand einer unentgeltlichen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein könne, sei die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch. Die Vermögensübergabe müsse sich so darstellen, dass die vom Ãœbernehmer zugesagten Leistungen –obwohl sie von ihm erwirtschaftet werden müssen– als zuvor vom Ãœbergeber vorbehaltene –abgespaltene– Nettoerträge vorstellbar seien. Dies sei für die Abziehbarkeit –und materiell-rechtlich korrespondierend für die Steuerbarkeit– der privaten Versorgungsrente konstituierend (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 15. Februar 2006 X R 5/04, BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160; vom 31. März 2004 X R 66/98, BFHE 205, 285, BStBl II 2004, 830; vom 11. Oktober 2007 X R 14/06, BFHE 219, 160, BStBl II 2008, 123). Auch im Streitfall habe sich der Letztversterbende hinsichtlich der Beerdigungskosten vom Ãœbernehmer zu erwirtschaftende Nettoerträge vorbehalten. Gegen die Abziehbarkeit der Beerdigungskosten als Sonderausgaben spreche auch nicht das der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zu Grunde liegende Korrespondenzprinzip. Zum einen könne die generelle Geltung eines Prinzips, dass wiederkehrende Leistungen beim Empfänger nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtig seien, weshalb sie korrespondierend beim Zahlenden als Sonderausgaben abziehbar sein müssten, dem EStG nicht entnommen werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Mai 2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95). Zum anderen könnten im Streitfall die vorbehaltenen Erträge in Gestalt der Beerdigungskosten des Letztversterbenden einem Empfänger als wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugerechnet werden. Soweit der Kläger aufgrund des Ãœbergabevertrags verpflichtet sei, die Beerdigungskosten auch für die Letztversterbende zu tragen, liege ein Vertrag zugunsten Dritter –im Streitfall zugunsten der Erbin– vor. Die Erbin sei von den Beerdigungskosten entlastet; die Abziehbarkeit der dauernden Last beim Kläger entspreche deren Steuerbarkeit bei der Erbin. Damit sei der materiell-rechtlichen Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand infolge des Transfers der steuerlichen Leistungsfähigkeit rechtstechnisch Rechnung getragen worden.
5
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Der Abzug der Beerdigungskosten scheitere an dem Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz. Aus dem Vorliegen eines Vertrags zugunsten Dritter, der Erbin, könne nicht geschlossen werden, die Erbin müsse die Aufwendungen als sonstige Einkünfte versteuern. Die Erbin trete in die Rechtsstellung der Erblasserin ein. Der Erblasserin seien Einnahmen in Höhe der Beerdigungskosten nicht mehr zugeflossen, weil sie im Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht mehr gelebt habe. Deshalb seien auch der Erbin insoweit keine Einnahmen zugeflossen.
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6
Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
8
Zu Recht sei das FG von einem Vertrag zugunsten Dritter ausgegangen. Bei der Erbin seien die Aufwendungen der Besteuerung zu unterwerfen, die der Kläger als Sonderausgaben abziehen könne.
II.
9
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Aufwendungen für die Beerdigung der Mutter des Klägers als Sonderausgaben abziehbar sind.
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1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Handelt es sich steuerrechtlich um eine dem Vertragstypus des „Versorgungsvertrags“/“Altenteilsvertrags“ vergleichbare Vermögensübergabe, sind die –grundsätzlich schon aufgrund der Rechtsnatur des Vertrags abänderbaren– wiederkehrenden Leistungen in der Regel als „dauernde Last“ abziehbar (ausführlich hierzu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847; zusammenfassend Senatsurteil vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
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