BFH I R 27/08 – Abzugsverbot für negative Aktiengewinne aus Investmentfonds mit ausländischen Aktien verstößt in 2001 gegen Art. 56 EG
1. Das Abzugsverbot für negative Aktiengewinne einer Kapitalgesellschaft aus der Rückgabe von Anteilen an inländischen Investmentfonds (§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.V.m § 8b Abs. 3 KStG 1999) ist im Jahr 2001 nur insoweit anwendbar, als die Gewinnminderungen auf Beteiligungen der Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen.
2. Die Beschränkung des Abzugsverbots auf negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen der Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen, verstößt gegen Art. 56 EG (Anschluss an EuGH-Urteil vom 22. Januar 2009 C-377/07 „STEKO Industriemontage GmbH“, IStR 2009, 133).
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KAGG § 8a Abs. 3 Satz 1, § 40a Abs. 1, § 43 Abs. 14 und 18
KAGG i.d.F. des StSenkG § 40a Abs. 1
KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 8b Abs. 2 und 3
KStG 1999 i.d.F. des StSenkG § 34 Abs. 1 und 10a
EStG 1997 i.d.F. des UntStFG § 52 Abs. 36
EG Art. 56
Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 27/08
Vorinstanz: FG München vom 28. Februar 2008 7 K 917/07 (EFG 2008, 991)
Gründe
I.
1
Streitig ist, ob Gewinnminderungen aus der Rückgabe von Anteilen an inländischen Investmentfonds bei der Ermittlung des Einkommens eines körperschaftsteuerpflichtigen Anteilsscheininhabers zu berücksichtigen sind.
2
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine AG, deren Gegenstand das Personenversicherungsgeschäft ist. Im Streitjahr 2001 erzielte sie negative Aktiengewinne in Höhe von 1.125.437.756 DM aus der Rückgabe von Anteilen an drei inländischen Spezialfonds, die ausländische Aktien enthielten.
3
Bei der Veranlagung der Klägerin für das Streitjahr rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die negativen Aktiengewinne dem Steuerbilanzgewinn der Klägerin hinzu. Das FA stützte die Hinzurechnung auf § 40a Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) –KAGG– i.V.m. § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz –UntStFG–) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) –KStG 1999–. Die Körperschaftsteuer für das Streitjahr wurde unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–) festgesetzt.
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4
Die Klägerin wandte sich gegen die vom FA vorgenommene Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne und beantragte gemäß Â§ 164 Abs. 2 AO, den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr durch Verminderung des steuerlichen Ergebnisses um 1.125.437.756 DM entsprechend zu ändern. Eine Hinzurechnung nach § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 1999 komme im Streitjahr nicht in Betracht, da § 43 Abs. 18 KAGG insoweit zu einer verfassungswidrigen echten Rückwirkung führe.
5
Der Antrag der Klägerin wurde vom FA abgelehnt. Zur Begründung führte das FA aus, dass sich die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne bereits aus § 40a Abs. 1 KAGG in der ursprünglich im Streitjahr geltenden Fassung des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz –StSenkG–) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) –KAGG a.F.– ergeben habe; § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG beinhalte daher lediglich eine Klarstellung. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
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6
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) München mit Urteil vom 28. Februar 2008 7 K 917/07, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 991, ab.