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BFH I R 27/08 – Abzugsverbot für negative Aktiengewinne aus Investmentfonds mit ausländischen Aktien verstößt in 2001 gegen Art. 56 EG


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b) Entgegen der Auffassung des FA und des BMF folgt die Saldierung auch nicht daraus, dass die Vorschriften zur Berücksichtigung positiver und negativer Aktiengewinne einen einheitlichen Regelungskomplex bilden. Positive und negative Aktiengewinne aus Anteilen an unterschiedlichen Wertpapier-Sondervermögen unterliegen vielmehr –ebenso wie Gewinne i.S. des § 8b Abs. 2 KStG 1999 und Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 KStG 1999 aus (direkten) Beteiligungen an Kapitalgesellschaften– jeweils einer eigenständigen steuerlichen Regelung. Das Abzugsverbot für Gewinnminderungen in § 8b Abs. 3 KStG 1999 beruht zwar auf dem Grundsatz der Regelungssymmetrie (Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8b KStG Rz 132a; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 261); hieraus lässt sich indessen nicht ableiten, dass das Abzugsverbot und die Steuerbefreiung für Gewinne in § 8b Abs. 2 KStG 1999 stets korrespondierend anzuwenden sind.


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Eine korrespondierende Behandlung positiver und negativer Aktiengewinne der Klägerin ergibt sich schließlich nicht aus verfassungsrechtlichen Maßstäben. Die Steuerbefreiung der positiven Aktiengewinne der Klägerin bei gleichzeitigem Abzug der negativen Aktiengewinne führt zwar zu einer Benachteiligung von Kapitalgesellschaften mit vergleichbaren Inlandsbeteiligungen. Eine solche Benachteiligung Dritter rechtfertigt jedoch nicht die Beschränkung des –gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen– Abzugs der negativen Aktiengewinne bei der Klägerin. Der Senat hat zudem in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass durch die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht geschaffene Ungleichbehandlungen rein innerstaatlicher Sachverhalte insoweit nicht dem nationalen Gesetzgeber zugerechnet werden können, als dieser lediglich gemeinschaftsrechtliche Vorgaben in Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen in die nationale Rechtsordnung zu übernehmen hat (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716, m.w.N.; Senatsurteile vom 9. August 2006 I R 31/01, BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838; vom 18. März 2009 I R 13/08, BFH/NV 2009, 1613); hieran hält er fest.

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5. Auf die –verfassungsrechtliche– Frage, ob die in § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG gegen Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verstößt (vgl. FG Münster, Vorlagebeschluss vom 22. Februar 2008 9 K 5096/07 K, EFG 2008, 983), kommt es im Streitfall nicht an. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung darüber, ob das Revisionsverfahren im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht zu dieser Frage anhängige Normenkontrollverfahren 1 BvL 5/08 entsprechend § 74 FGO auszusetzen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. Februar 2006 I B 91/05, BFH/NV 2006, 1115).


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Der Senat kann auch die vorrangige –einfachrechtliche– Frage offenlassen, ob Gewinnminderungen in Form negativer Aktiengewinne aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilsscheinen an Wertpapier-Sondervermögen bei der Gewinnermittlung des Anteilsscheininhabers bereits aufgrund eines in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. enthaltenen Rechtsfolgenverweises auf § 8b Abs. 3 KStG 1999 außer Ansatz bleiben (bejahend Gosch, a.a.O., § 8b Rz 49; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz 65; verneinend FG Münster, Vorlagebeschluss in EFG 2008, 983; Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., § 40a KAGG Rz 19; Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Jahresband 2004, KAGG Rz J 03-2; Fock, Betriebs-Berater 2003, 1589, 1591; Schultz/Halbig, Deutsches Steuerrecht 2005, 1669, 1670; Stoschek/Peter/Bittner, Finanz-Rundschau 2003, 941, 948 ff.).

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6. Nach diesen Grundsätzen war der Klage stattzugeben. Die Ablehnung des Änderungsantrags der Klägerin ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO). Die Sache ist spruchreif. Das FA wird verpflichtet, den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO mit der Maßgabe abzuändern, dass die negativen Aktiengewinne der Klägerin aus der Rückgabe der Anteile an den inländischen Spezialfonds bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt werden. Eine Festsetzung durch den Senat (§ 100 Abs. 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO) kommt nicht in Betracht, da die Vorschrift auf Verpflichtungsklagen –wie die erhobene Klage auf Änderung der formell bestandskräftigen Steuerfestsetzung (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1990 VIII R 37/88, BFH/NV 1991, 516; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 101 FGO Rz 12)– keine Anwendung findet (BFH-Urteil vom 29. März 2007 IX R 21/05, BFH/NV 2007, 2077, unter II.3., m.w.N.).

Quelle: Bundesfinanzhof


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