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BFH I R 43/08 Steuerwirksamkeit der Auflösung einer Rückstellung für Nachforderungszinsen auf Körperschaftsteuern – Bildung und Auflösung von Rückstellungen – Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze


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1. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1996 –für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1999– i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB).


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a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entweder –erstens– das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder –zweitens– die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer –ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen– Verbindlichkeit und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (vgl. Senatsurteil vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.).

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b) Für Ertragsteuern sind Rückstellungen zu bilden, wenn die Steuern nach steuerrechtlichen Vorschriften bis zum Ende des Geschäftsjahrs wirtschaftlich oder rechtlich entstanden sind; soweit die Steuerschuld aufgrund einer Veranlagung rechtsverbindlich feststeht, ist sie als Verbindlichkeit auszuweisen (vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Rz D 1311). Nach diesen Maßgaben handelsrechtlich zu passivierende Rückstellungen oder Verbindlichkeiten, die solche Steuern betreffen, die gemäß Â§ 10 Nr. 2 KStG 1996 steuerrechtlich nichtabziehbare Aufwendungen sind, sind der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage außerbilanziell wieder hinzuzurechnen.

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c) Aufzulösen sind Rückstellungen, sobald und soweit die Voraussetzungen ihrer Bildung an späteren Bilanzstichtagen entfallen (§ 249 Abs. 3 Satz 2 HGB, vgl. Senatsurteil in BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Gleiches gilt nach dem Grundsatz des sog. formellen Bilanzenzusammenhangs (dazu z.B. Senatsurteil vom 13. Februar 2008 I R 44/07, BFHE 220, 429, BStBl II 2008, 673), wenn und soweit die Rückstellung von Anfang an nicht hätte gebildet werden dürfen und dieser Fehler nicht zu einem früheren Zeitpunkt korrigiert werden kann, weil er in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden kann.


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2. Nach diesen Grundsätzen hält die Auflösung der Rückstellungen um 98 496 DM revisionsrechtlicher Prüfung stand.

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a) Für die Höhe der Steuer- und Zinsnachforderungen ist die Vorinstanz zu Recht von den sich aus den die Jahre 1994 bis 1996 betreffenden Änderungsbescheiden des FA vom 17. Februar 2000 ausgegangen. Zwar waren diese Bescheide zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 noch nicht erlassen. Jedoch durften die sich daraus ergebenden Erkenntnisse nach dem Wertaufhellungsprinzip (vgl. z.B. Senatsurteil vom 15. September 2004 I R 5/04, BFHE 208, 116, BStBl II 2009, 100; Blümich/ Schreiber, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 5 EStG Rz 279, jeweils m.w.N.) im Rahmen der Bilanzaufstellung bei der Bemessung der Höhe der Nachforderungen berücksichtigt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin am Bilanzstichtag konkret mit höheren als den später festgesetzten Steuerforderungen rechnen musste, ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Vortrag der Klägerin.

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Soweit die Revision rügt, das FG habe nicht dargetan, inwieweit die von der Klägerin angesetzten Rückstellungen nach dem Erkenntnisstand zum Bilanzstichtag überhöht gewesen seien, trifft das nicht zu. Aus der Bezugnahme auf die wertaufhellend zu berücksichtigenden Änderungsbescheide vom 17. Februar 2000 ergibt sich ohne weiteres, dass die von der Klägerin ursprünglich angesetzten Rückstellungsbeträge überhöht und im Umfang der Ãœberhöhung aufzulösen waren. Es kommt insoweit nicht entscheidend darauf an, ob –wozu das FG keine Feststellungen getroffen hat– die Rückstellungsbeträge schon in der Bilanz zum 31. Dezember 1998 nicht in der ursprünglichen Höhe hätten passiviert werden dürfen. Denn infolge des Umstands, dass die das Jahr 1998 betreffenden Veranlagungen bestandskräftig abgeschlossen sind, wären die Rückstellungen nach den oben dargestellten Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs auch dann zum 31. Dezember 1999 erfolgswirksam aufzulösen, wenn sie von vornherein nicht in der bilanzierten Höhe hätten gebildet werden dürfen. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung liegt demnach nicht vor.


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