Onlinerechner:   Vergleiche: Steuersparprogramme:


BFH I R 72/08 Erfolgsneutrale Einbringung von Anteilen an einer GmbH


Seiten: 1 2 3 4 5 6


29
bb) Die beschriebene gesetzliche Regelung greift im Streitfall nicht unmittelbar ein. Sie betrifft nämlich nicht den Fall der Ãœbertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft. Insbesondere kann dieser Vorgang nicht als Ãœberführung „von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen“ (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 n.F.) gewertet werden (a.A. Groh, DB 2002, 1904, 1906). Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1 und 2 EStG 1997 n.F. getroffene Unterscheidung zwischen dem „Betriebsvermögen des Mitunternehmers“ und dem Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft verdeutlicht vielmehr, dass der Gesetzgeber die Mitunternehmerschaft als selbständiges Steuersubjekt mit einem eigenen –von den Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu unterscheidenden– Betriebsvermögen versteht (ebenso Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuerreform 1999/2000/2002, § 6 EStG Rz R 121).


.

Dies entspricht der Rechtsprechung, nach der die Ãœbertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft kein steuerlich neutraler Austausch innerhalb zweier Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen ist (so aber Kirchhof/Reiß, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 15 Rz 461; Kloster/Kloster, GmbH-Rundschau 2002, 717, 725), sondern als Veräußerung zu behandeln ist (Senatsurteil vom 17. Juli 2008 I R 77/06, BFHE 222, 402, 405, BStBl II 2009, 464, m.w.N.). Angesichts dessen wird die Ãœbertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften von § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. nicht erfasst (ebenso Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2002, § 6 EStG Rz J 01-30; Bogenschütz/Hierl, DStR 2003, 1097, 1100; Crezelius, FR 2003, 537).

30
cc) Zwar ist nach einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht jedenfalls dann, wenn es um die Ãœbertragung eines Wirtschaftsguts zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften geht, § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. entsprechend anzuwenden (so z.B. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz J 61-30; ders., FR 2002, 53, 64 f.; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 683, m.w.N.). Dem kann sich der Senat aber nicht anschließen.

31
aaa) Richtig ist allerdings, dass bei einer inhaltlichen und interessenorientierten Betrachtung gute Gründe dafür sprechen, die Ãœbertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften den in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. geregelten Vorgängen gleichzustellen. Denn die dort getroffene Regelung beruht auf dem Gedanken, dass es einer sofortigen Besteuerung nicht bedarf, wenn das übertragene Wirtschaftsgut weiterhin zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte genutzt wird und die mit ihm verbundenen stillen Reserven nicht vollständig auf Dritte verschoben werden (ähnlich Wendt, FR 2002, 53, 64 f.). Dabei nimmt das Gesetz es hin, dass stille Reserven innerhalb einer Mitunternehmerschaft neu zugeordnet (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG 1997 n.F.) oder von dem bisherigen Alleineigentümer des Wirtschaftsguts auf mehrere Personen verteilt werden oder umgekehrt (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1 und 2 EStG 1997 n.F.). Lösen derartige Vorgänge aber keine zwangsweise Aufdeckung der stillen Reserven aus, so ist nicht unmittelbar einsichtig, dass im Fall der Ãœbertragung zwischen Schwestergesellschaften anderes gelten soll. Das gilt namentlich im Hinblick auf Gestaltungen, bei denen an den beiden Gesellschaften dieselben Personen beteiligt sind.


.

32
bbb) Doch könnte eine dahin gehende Sachbehandlung letztlich nicht auf eine Auslegung, sondern nur auf eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. gestützt werden. Ein Analogieschluss setzt indessen eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (BFH-Urteil vom 8. September 1994 IV R 85/93, BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 25/05, BFHE 217, 467, 474, BStBl II 2008, 298, 301, m.w.N.). Er ist nicht zulässig, wenn der Gesetzgeber einen bestimmten Sachverhalt gerade deshalb von einer von ihm getroffenen Regelung ausgenommen hat, weil er ihn nicht jener Regelung entsprechend behandelt wissen wollte. Diese Situation liegt im Streitfall vor.

33
Denn § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. zählt diejenigen Sachverhalte, die im Verhältnis zwischen Mitunternehmerschaften und Mitunternehmern zur erfolgsneutralen Ãœbertragung einzelner Wirtschaftgüter führen, in einem detaillierten Katalog auf. Der Gesetzestext misst diesem Katalog zwar nicht ausdrücklich einen abschließenden Charakter zu. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt aber, dass der historische Gesetzgeber ihn in diesem Sinne verstanden hat und dass namentlich die Ãœbertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Schwestergesellschaft nicht in der von § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. angeordneten Weise geregelt werden sollte. Denn im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens hatte die Fraktion der CDU/CSU beantragt, den Anwendungsbereich der Norm auf die Ãœbertragung zwischen Schwestergesellschaften zu erstrecken; dieser Antrag hat aber im Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3), woraufhin von einer entsprechenden Änderung gegenüber dem Gesetzentwurf abgesehen wurde. Vor diesem Hintergrund kann der Umstand, dass diese Variante im Gesetz nicht aufgeführt ist, nicht als planwidrige Unvollständigkeit angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, an die die Gerichte gebunden sind (ebenso im Ergebnis Strahl, KÖSDI 2003, 13918, 13926).


.



Kommentieren

Links: