BFH IV R 38/07 Beginn des ersten Wirtschaftsjahrs einer GmbH
Das erste (Rumpf-)Wirtschaftsjahr einer GmbH beginnt bereits mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Vor-GmbH.
GmbHG § 13 Abs. 3
HGB § 6 Abs. 1, § 242 Abs. 1
Urteil vom 3. September 2009 IV R 38/07
Vorinstanz: Hessisches FG vom 15. November 2006 12 K 4273/01
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, schloss am 27. November 1996 mit der –am 17. Februar 1996 errichteten und am 6. August 1996 in das Handelsregister eingetragenen– Beigeladenen, einer GmbH, einen „Organschaftsvertrag“, mit dem sich die Beigeladene zur Abführung ihres gesamten Gewinns an die Klägerin verpflichtete. Nach dessen § 6 Abs. 1 war der Vertrag auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen; er war vorher nur aus wichtigem Grund kündbar. Der Vertrag fand erstmals Anwendung auf das Wirtschaftsjahr, das mit der Eintragung der Beigeladenen beginnt (§ 6 Abs. 3 des Vertrags). Gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrags garantierte die Klägerin für die Vertragsdauer den außenstehenden Gesellschaftern der Beigeladenen für jedes Geschäftsjahr, beginnend mit der „Dividende“ für das Jahr 1996, eine „Dividende“ in Höhe von 12 % des übernommenen Geschäftsanteils. Das Wirtschaftsjahr der Beigeladenen stimmte mit dem Kalenderjahr überein.
Die Klägerin und die Beigeladene führten den Vertrag ab dem Wirtschaftsjahr 1996 durch. Am 22. September 1998 wurde er in das Handelsregister der Beigeladenen eingetragen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte das Organschaftsverhältnis bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1997 und 1998 (Streitjahre) nicht an. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Vertrag erfülle nicht die nach § 14 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.d.F. des Gesetzes zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) erforderliche Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Der Zeitraum von fünf Jahren müsse fünf volle Zeitjahre umfassen. Danach wäre die Fünfjahresfrist im Streitfall nur erfüllt gewesen, wenn der Vertrag am 1. Januar 1997 zu laufen begonnen hätte. Der Vertrag sei jedoch bereits für das Rumpfwirtschaftsjahr 1996 durchgeführt worden, so dass die Mindestlaufzeit auch das sechste Wirtschaftsjahr (2001) voll mit umfassen müsse.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß,
1. das angefochtene Urteil aufzuheben,
2. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen eine körperschaftsteuerliche Organschaft besteht, sowie
3. die Einspruchsentscheidungen aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre dahin gehend zu ändern, dass der Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag mit der Beigeladenen als steuerlich wirksam anzusehen ist.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage auf Feststellung des Bestehens einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der Beigeladenen unzulässig ist. Das FG hat die Feststellungsklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zwar hätte es die Feststellungsklage als unzulässig abweisen müssen. Das angefochtene Urteil ist trotz dieses Rechtsfehlers nicht aufzuheben, weil der Tenor des Urteils zutreffend ist (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 20. April 1988 I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II 1988, 927, m.w.N.).
Im Ãœbrigen hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen in den Streitjahren keine körperschaftsteuerliche Organschaft bestanden hat.
1. Die Feststellungsklage ist unzulässig, da die von der Klägerin begehrte Feststellung nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO subsidiär ist.
a) Das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen hat der BFH als Revisionsgericht von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (BFH-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, m.w.N.). Die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 41 Abs. 2 FGO) ist eine negative Sachentscheidungsvoraussetzung (BFH-Urteil vom 10. Mai 1977 VII R 69/76, BFHE 123, 94, BStBl II 1977, 785; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 41 FGO Rz 350).
b) Gemäß Â§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Der Kläger kann seine Rechte durch Gestaltungsklage verfolgen, wenn das FA über die begehrte Feststellung in einem Verwaltungsakt entscheiden muss, den der Kläger durch Gestaltungsklage anfechten kann (BFH-Urteil vom 1. Februar 1973 IV R 1/72, BFHE 108, 517, BStBl II 1973, 533).