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BFH Urteil GrS 1/06 – Aufteilung der Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise


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C. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegte Rechtsfrage

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Der Große Senat folgt im Wesentlichen der Auffassung des vorlegenden Senats.

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I. Rechtsentwicklung

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1. Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Beurteilung gemischter Aufwendungen (ohne Reiseaufwendungen)

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Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG (eingeführt durch das Einkommensteuergesetz 1934 vom 16. Oktober 1934, RGBl I 1934, 1005, RStBl 1934, 1261) dürfen –abgesehen von den hier nicht maßgeblichen Ausnahmen im Einleitungssatz der Vorschrift– die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei der Einkommensermittlung nicht abgezogen werden. Dazu gehören nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

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a) Die dem § 12 Nr. 1 EStG 1934 vorausgehende Gesetzgebung

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Der Grundsatz, dass Aufwendungen für die private Lebensführung nicht abziehbar sind, war bereits in den dieser Vorschrift vorangehenden Bestimmungen geregelt.

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aa) So waren bereits nach § 9 Abs. II. Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 (Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1891, 175) insbesondere die zur Bestreitung des Haushalts der Steuerpflichtigen und zum Unterhalte ihrer Angehörigen gemachten Ausgaben „nicht abzugsfähig“.

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bb) Die Vorschrift des § 8 Abs. III. Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vom 19. Juni 1906 (Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1906, 259), übernahm die vorgenannte Regelung und erweiterte sie dahin, dass insbesondere alle Aufwendungen zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse „nicht abzugsfähig“ waren.

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Allerdings war damals anerkannt, dass Aufwendungen, die sowohl persönlichen als auch beruflichen Bedürfnissen dienen, aufzuteilen und zu einem entsprechenden Teil abziehbar sind (Fuisting/Strutz, Die Preußischen direkten Steuern, Erster Band, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl. 1915, § 8 Anm. 57; Königlich Preußisches Oberverwaltungsgericht –PrOVG–, Entscheidung vom 26. September 1901 Rep. XI.a.88/01., PrOVGE 10, 86 – zu den Löhnen einer Viehmagd und einer Haushälterin, die jeweils im Haushalt und in der Landwirtschaft eingesetzt waren; danach sollte die nur gelegentliche Verwendung eines für den Betrieb eingestellten Dienstboten im Haushalt dem Abzug der gesamten Kosten nicht entgegenstehen).

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cc) Die Bestimmungen des § 15 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes vom 29. März 1920 (RGBl I 1920, 359) und des § 18 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vom 10. August 1925 –EStG 1925– (RGBl I 1925, 189) nahmen ebenfalls die Formulierung der Vorläufervorschriften auf. § 18 Abs. 1 EStG 1925 verdeutlichte zusätzlich, dass grundsätzlich solche Ausgaben nicht abgesetzt werden dürfen, die sich als Verwendung des Einkommens darstellen. Auch nach diesen Vorschriften galt zunächst –im Anschluss an die Entscheidung in PrOVGE 10, 86– der Grundsatz, dass, wo die Verwendung für persönliche Zwecke gegenüber der Verwendung für berufliche Zwecke nicht ganz unerheblich ist, eine entsprechende Teilung der Aufwendungen in einen als Werbungskosten abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil erforderlich ist (Strutz, Kommentar zum EStG 1925, Bd. 1, 1927, § 18 Anm. 20).

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b) Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs unter der Geltung des Einkommensteuergesetzes 1925

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Während der Geltung des Einkommensteuergesetzes 1925 hatte der Reichsfinanzhof (RFH) zunehmend über den Abzug von Aufwendungen zu entscheiden, die im Wesentlichen privat veranlasst waren und nur in einem losen, allenfalls mittelbaren Zusammenhang zur Berufstätigkeit standen (vgl. Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, München/Berlin 1940, § 11 S. 15). Er beurteilte solche Aufwendungen, insbesondere so genannte Repräsentationsaufwendungen, grundsätzlich als nicht abziehbare Kosten der Lebensführung, weil in derartigen Fällen wegen der Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen Lebenshaltungskosten und Werbungskosten der Nichtabziehbarkeit von Lebenshaltungskosten der Vorrang einzuräumen sei (Urteile vom 7. März 1928 VI A 207/28, Steuer und Wirtschaft –StuW– 1928 Bd. II, Sp. 312 – Haushalt und Bedienung; vom 2. August 1930 VI A 1267/30, RStBl 1930, 679 – Villa des Generaldirektors; vom 10. Juni 1931 VI A 686/31, StuW 1931 Bd. II, Sp. 1305; vom 4. Mai 1932 VI A 1646/31, RStBl 1932, 727 – Einladungen und Bewirtung; vom 13. November 1930 VI A 558/30, RStBl 1931, 108 – Verleihung des Ehrentitels eines bayerischen Kommerzienrats; vom 15. Oktober 1930 VI A 1754/30, RStBl 1931, 23 – Wahl der Tochter eines Kaufmanns zur Schützenkönigin; vom 20. März 1930 VI A 147/30, RFHE 27, 82; vom 27. August 1930 VI A 1216/30, RStBl 1931, 740 – jeweils zu Beiträgen an politische Parteien; vom 23. Juni 1933 VI A 1493/30, RStBl 1933, 811; vom 23. Juni 1933 VI A 170/32, RStBl 1933, 812 – jeweils zu Zuwendungen für wohltätige Zwecke).

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Allerdings ging der RFH auch weiterhin davon aus, dass solche wesentlich privat veranlassten Aufwendungen teilweise abziehbar sein könnten, soweit ein abgrenzbarer beruflicher Mehraufwand gegeben sei (Urteile in StuW 1928 Bd. II, Sp. 312; vom 15. Januar 1930 VI A 1675/29, RStBl 1930, 265 – Mehraufwendungen für Verpflegung; vom 17. Juli 1930 VI A 1134/30, RStBl 1931, 6 – Hörgerätebatterien; vom 29. April 1931 VI A 860/31, RStBl 1931, 905 – PKW-Kosten; in RStBl 1932, 727; vom 16. September 1931 VI A 1711/30, RStBl 1931, 921 – Bekleidungsaufwand). Der abziehbare Teil der Aufwendungen war danach notfalls zu schätzen (RFH-Urteile in StuW 1928 Bd. II, Sp. 312; in RStBl 1931, 6; 1931, 905).



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