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BFH Urteil I R 84/08 Nichtrückkehrtage bei Anwendung der Grenzgängerregelung in Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich


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b) Ein Arbeitnehmer verliert die Grenzgängereigenschaft nicht bereits dadurch, dass er nicht täglich von seinem Arbeitsort im Grenzgebiet an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Die Nichtrückkehr des Arbeitnehmers an einem Arbeitstag ist insoweit unschädlich, wenn die Summe der Arbeitstage, an denen es an einer solchen Rückkehr fehlt, eine Höchstgrenze nicht überschreitet. Zur Festlegung der Höchstgrenze für diese sog. Nichtrückkehrtage kann auf die Verständigungsvereinbarungen zwischen den Vertragsparteien zur Anwendung der Grenzgängerregelung zurückgegriffen werden (Senatsbeschluss vom 25. November 2002 I B 136/02, BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375). Danach geht die Grenzgängereigenschaft –bei einer Beschäftigung in der Grenzzone während des ganzen Kalenderjahres– nur dann verloren, wenn der Arbeitnehmer an mehr als 45 Arbeitstagen entweder nicht zum Wohnsitz zurückkehrt oder außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist (BMF-Schreiben vom 3. April 2006, BStBl I 2006, 304 Tz. B.2; vgl. bereits BMF-Schreiben vom 20. Februar 1980, BStBl I 1980, 88).


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c) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger durch seine Dienstreisen außerhalb der Grenzzone in den Streitjahren 1998 und 1999 die Höchstgrenze von 45 Nichtrückkehrtagen überschritten; in den Streitjahren 1997 und 2000 liegen dagegen nicht mehr als 45 Nichtrückkehrtage des Klägers vor.

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aa) Entgegen der Auffassung des FG sind die Tage mit eintägigen Dienstreisen des Klägers außerhalb der Grenzzone als Nichtrückkehrtage anzusetzen.

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Eintägige Dienstreisen führen –aufgrund der Rückkehr des Arbeitnehmers an den Wohnsitz– nur dann zu Nichtrückkehrtagen, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb der Grenzzone ausübt. Hierbei kommt es für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, in welchem stundenweisen Umfang der Arbeitnehmer sich dort aufhält; als Nichtrückkehrtage sind nur diejenigen Dienstreisetage zu berücksichtigen, an denen der Arbeitnehmer den ganzen Tag außerhalb der Grenzzone tätig geworden ist (Senatsbeschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375; Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 15 Rz 153; Gosch, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2003, 158, 159; Herlinghaus, EFG 2004, 1062, 1063; anderer Ansicht Kramer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Frankreich Art. 13 Rz 58; Vogelgesang in Gosch/ Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 13 DBA-Frankreich Rz 27). Durch das Erfordernis der ganztägigen Tätigkeit außerhalb der Grenzzone werden praktische Probleme bei der Nachweisbarkeit der stundenweisen Außentätigkeit vermieden (Senatsbeschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375).

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Entgegen der Auffassung des FG kommt es für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich den ganzen Tag außerhalb der Grenzzone aufgehalten hat (anderer Ansicht FG des Saarlandes, Urteil vom 29. April 2004 2 K 305/00, EFG 2004, 1060; Kamphaus/Büscher in Strunk/ Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 15 OECD-MA Rz 278; Jahn, Praxis Internationale Steuerberatung –PISTB– 2003, 144, 145). Maßgeblich hierfür ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer seine Arbeit im Rahmen einer eintägigen Dienstreise ausschließlich außerhalb der Grenzzone ausübt. Ein Nichtrückkehrtag wird damit bereits durch kurzzeitige Tätigkeiten des Arbeitnehmers innerhalb der Grenzzone ausgeschlossen (Burmeister, Internationale Wirtschafts-Briefe –IWB– Fach 5 Gruppe 2, 1447, 1449; Hartmann, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer –INF– 2006, 705, 706). Die mit der eintägigen Dienstreise verbundene Reisetätigkeit innerhalb der Grenzzone steht der Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht entgegen, da sie nicht zu einer Tätigkeit in der Grenzzone führt, sondern –als bloßer Transfer– der Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb der Grenzzone zuzuordnen ist (anderer Ansicht Jundt, PISTB 2007, 148, 149). Dieses Verständnis entspricht auch der Vertragspraxis, wie sie in der Verständigungsvereinbarung der Vertragsparteien vom 16. Februar 2006 zum Ausdruck kommt (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 304 Tz. B.8.3). Soweit der Senat in seinem Beschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375 eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

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Der Kläger war nach den Feststellungen des FG während der eintägigen Dienstreisen jeweils den ganzen Arbeitstag außerhalb der Grenzzone tätig. Diese Tage sind deshalb für die Grenzgängereigenschaft des Klägers schädlich.

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bb) Das FG hat die Tage, an denen der Kläger sich von seinem Wohnsitz aus zu einer mehrtägigen Dienstreise außerhalb der Grenzzone begeben hat (Hinreisetage), nicht als Nichtrückkehrtage angesehen. Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als der Kläger vor der Abreise zwischen seinem Wohnsitz und dem Arbeitsort in der Grenzzone „gependelt“ ist.

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Bloße Hinreisetage sind bereits aufgrund der fehlenden Rückkehr des Arbeitnehmers an den Wohnsitz als Nichtrückkehrtage zu werten; im Gegensatz zu eintägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone kommt es damit für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer den ganzen Arbeitstag außerhalb der Grenzzone tätig geworden ist (Hartmann, INF 2006, 705, 706; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 13 Rz 59; anderer Ansicht Kessler/Sinz/ Achilles-Pujol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich, Art. 13 Tz. V; Sinz/Blanchard, Internationales Steuerrecht –IStR– 2003, 258, 261). Hat der Arbeitnehmer jedoch am Hinreisetag zunächst an seiner Arbeitsstätte in der Grenzzone dienstliche Tätigkeiten verrichtet und ist er erst nach der Rückkehr an den Wohnsitz zur Dienstreise in den Drittstaat aufgebrochen, so liegt kein Nichtrückkehrtag vor. Denn in diesem Fall fehlt es weder an der Arbeitstätigkeit in der Grenzzone noch an der Rückkehr an den Wohnsitz; vielmehr ist dann das für die Grenzgängereigenschaft wesentliche Merkmal der –regelmäßigen– arbeitstäglichen zweimaligen Grenzüberschreitung erfüllt (vgl. zur Grenzgängerregelung in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 Senatsbeschluss vom 16. März 1994 I B 186/93, BFHE 174, 338, BStBl II 1994, 696, m.w.N.).



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