BFH Urteil II R 6/07 Steuerberechnung bei Auflösung einer Familienstiftung – Einheitliche Zuwendung der Stiftung – Anwendung der Steuerklassen – Kein mehrfacher Ansatz des persönlichen Freibetrags
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c) Der Regelungsinhalt des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG beschränkt sich auch dann auf die Bestimmung der Steuerklasse für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten, wenn –wie im Streitfall– eine von mehreren Stiftern errichtete Stiftung aufgelöst wird.
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Entgegen der vom FG vertretenen Rechtsauffassung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG keine Rechtsgrundlage dafür, für den nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG steuerbaren Erwerb von der Stiftung im Rahmen der Steuerberechnung eine Aufteilung des Erwerbs entsprechend der Herkunft des Stiftungsvermögens von den Stiftern vorzunehmen. Auch bei mehreren Stiftern liegt schenkungsteuerlich nur eine einheitliche Zuwendung der Stiftung –und nicht etwa eine Mehrheit von Zuwendungen entsprechend der Anzahl der Stifter– vor.
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aa) Der Auffassung, § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG fingiere ein anderes Zuwender-Empfänger-Verhältnis und enthalte damit auch eine Neubestimmung der am steuerpflichtigen Vermögensübergang beteiligten Personen (so z.B. Jülicher in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 15 Rz 120; ähnlich Knobel in Viskorf/ Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 2. Aufl., § 15 ErbStG Rz 53), kann nicht gefolgt werden. § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG betrifft unter Berücksichtigung der Systematik des ErbStG, wie sich aus der Stellung dieser Vorschrift im Abschnitt III des ErbStG ergibt, allein die Berechnung der Steuer und nicht die –in Abschnitt I des ErbStG geregelte– Steuerpflicht (BFH-Urteil in BFHE 169, 518, BStBl II 1993, 238); von diesem Regelungsgehalt geht ersichtlich auch § 26 ErbStG aus. Ein davon abweichender Regelungswille kann der zu § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG gegebenen Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks VI/3418, S. 69), die ausdrücklich die Vergünstigungswirkung dieser Vorschrift im Hinblick auf die anzuwendende Steuerklasse bei Auflösung einer Familienstiftung hervorhebt, nicht entnommen werden.
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bb) Bei der Berechnung der Schenkungsteuer gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG ist für die Bestimmung der Steuerklasse auf das jeweilige Verhältnis des Anfallberechtigten zu den Stiftern abzustellen. Dabei können bei mehreren Stiftern entsprechend den persönlichen Verhältnissen der Anfallberechtigten auch unterschiedliche Steuerklassen anzuwenden sein; dies entspricht der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 ErbStG (BFH-Urteil in BFHE 169, 518, BStBl II 1993, 238). Ist –wie im Streitfall– für das Verhältnis der Anfallberechtigten zu den Stiftern jeweils dieselbe Steuerklasse anzuwenden, ist im Rahmen der Steuerberechnung weder der Erwerb noch der persönliche Freibetrag aufzuteilen.
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3. Die Sache ist spruchreif. Hinsichtlich der Klägerin zu 1. bedarf es keiner Zurückverweisung nach § 127 FGO, weil sich durch den Änderungsbescheid der Streitstoff nicht verändert hat.
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Die gegen alle Kläger ergangenen Steuerfestsetzungen sind, indem das FA der Berechnung der Schenkungsteuer jeweils nur einen Erwerb der Kläger von der B-Stiftung zugrunde gelegt hat, rechtmäßig. Die Steuerfestsetzungen erweisen sich nicht etwa deshalb als zu hoch, weil zugunsten der Kläger der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG entsprechend der Zahl der Stifter zweifach anzusetzen gewesen wäre. Der Freibetrag wird nach dem Eingangssatz des § 16 Abs. 1 ErbStG jeweils für den „Erwerb“ gewährt, wobei die maßgebende Steuerklasse nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG zu bestimmen ist. Da im Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG nur ein einheitlicher Erwerb des Anfallberechtigten von der Stiftung vorliegt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für den mehrfachen Ansatz des persönlichen Freibetrags. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung über den Ansatz nur eines Freibetrags, wie etwa durch § 6 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 ErbStG angeordnet, bedurfte es nicht (a.A. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 15 Rz 120).
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B. Revision der Klägerin zu 1.
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Die Revision der Klägerin zu 1. ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Dem Begehren, bei der Besteuerung des Erwerbs zwei Freibeträge anzusetzen, kann nicht gefolgt werden. Zur Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen unter A.II.3. verwiesen.
Quelle Bundesfinanzhof