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BFH Urteil X R 6/08 – Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß


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Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß – Endgültige Ausgestaltung der Berücksichtigung der Aufwendungen – Prinzip der intertemporalen Korrespondenz – Rechtscharakter der Altervorsorgeaufwendungen und Zuweisung zu den Sonderausgaben – Ausgleichszahlung für Versorgungsausgleich – Einbeziehung der Arbeitgeberanteile – Finanzierbarkeit der Neuregelung – Fehlende Korrespondenz in der Ãœbergangszeit – Belastung bei Rentenbezug ab 2039 – Verbot der Doppelbesteuerung erst bei Rentenbezug rügbar – Sachlicher Grund für gekürzte Abzugsbeträge nach § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG – Unzureichende Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bis 31.12.2009 ist hinzunehmen – Versicherungen, die nicht zwingend zu berücksichtigen sind – Zweck des Arbeitslosengeldes und Krankengeldes


Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß

1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen sind als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Die Regelung über die begrenzte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

EStG 2005 § 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 4a, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1

Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 1. August 2007 VII 51/2006

Gründe

A.
1
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er bei den Sonderausgaben den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung von jeweils 1.662 €, Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 2.355 € und Beiträge zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen von insgesamt 254 € geltend. Bei der Einzelveranlagung berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) 2.343 € als Sonderausgaben.

2
Hiergegen erhob der Kläger Sprungklage, der das FA zustimmte. Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) sei die steuerliche Behandlung der Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verfassungswidrig. Da er voraussichtlich nach dem Jahr 2040 in den Ruhestand treten werde, müsse er seine Alterseinkünfte in vollem Umfang versteuern, während seine Altersvorsorgeaufwendungen in den Jahren 2005 bis 2024 nicht in vollem Umfang berücksichtigt würden. Dies führe zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die vor dem Jahr 2040 in den Ruhestand träten.

3
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liege auch darin, dass bei ihm für andere Vorsorgeaufwendungen gemäß Â§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG nur der Höchstbetrag von 1.500 € gewährt werde, während einem Personenkreis mit einem wesentlich höheren Einkommen nach Satz 1 dieser Vorschrift ein Höchstbetrag von 2.400 € zustehe. Der ihm als Arbeitnehmer zustehende Höchstbetrag von 1.500 € reiche nicht aus, um eine vernünftige Altersvorsorge aufzubauen sowie für einen Krankenversicherungsschutz zu sorgen.

4
Der Sonderausgabenabzug sei innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer ungleich ausgestaltet. So könne ein Angestellter mit einem Bruttoeinkommen von 40.000 € gegenüber einem mit einem Bruttoeinkommen von 20.000 € einen um 390 € höheren Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen.

5
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. § 10 Abs. 3 EStG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht gleichheitswidrig, dass Arbeitnehmer mit einem höheren Bruttoarbeitslohn im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG Altersvorsorgeaufwendungen in größerem Umfang abziehen könnten als Arbeitnehmer mit geringerem Arbeitslohn, weil ein höherer Arbeitslohn höhere Sozialversicherungsbeiträge auslöse. Die in § 10 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG getroffenen Regelungen seien unbedenklich. Der Höchstbetrag von 2.400 € nach Satz 1 der Vorschrift sei nach seiner Zweckbestimmung ein Ausgleich dafür, dass bei Arbeitnehmern der Arbeitgeberbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerfrei bleibe.

6
Mit der Revision macht der Kläger weiterhin die Verfassungswidrigkeit der begrenzten Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und der sonstigen Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG geltend.

7
Es sei sachwidrig, den gemäß Â§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG lediglich in Höhe von 60 % abziehbaren Betrag der Vorsorgeaufwendungen um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung zu kürzen (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG). Dieser Arbeitgeberanteil sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des BFH kein Arbeitslohn. Es sei zudem nicht folgerichtig, den Arbeitgeberanteil im Jahr 2005 in vollem Umfang abzugsmindernd zu berücksichtigen, obwohl lediglich 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen abziehbar seien. Gerechtfertigt sei nur eine Kürzung um 60 % des Arbeitgeberanteils.



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