BFH Urteil X R 6/08 – Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß
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Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 19. Oktober 2007 in der Weise abzuändern, dass Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG in Höhe von 3.397 € berücksichtigt werden,
ggf. das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Die gesetzliche Regelung sei nicht zu beanstanden. Sie halte sich innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
B.
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Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die vom Kläger erbrachten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung sind lediglich in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang abziehbare Sonderausgaben. Seine Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind –vorbehaltlich der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG– lediglich mit dem Höchstbetrag von 1.500 € abziehbar.
I.
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Die Vorschriften zur steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen in Gestalt des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) –AltEinkG– sind sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Ãœbergangsregelung verfassungsmäßig.
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1. Mit Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 hatte der erkennende Senat entschieden, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass im zeitlichen Anwendungsbereich des AltEinkG ab dem 1. Januar 2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) als Sonderausgaben nach näherer Maßgabe der Ãœberleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung nur beschränkt abziehbar seien. Bei summarischer Beurteilung bestünden gegen diese gesetzliche Regelung keine durchgreifenden Bedenken.
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Dieser Auffassung sind die Finanzgerichte gefolgt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2006 10 K 171/06, nicht veröffentlicht –n.v.–; Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. August 2007 15 K 30254/06, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2008, 1372; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 1 K 1665/06, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2008, 1037; FG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2006 12 K 2253/06, EFG 2007, 836; Hessisches FG, Beschluss vom 31. Januar 2007 1 V 3571/06, n.v.; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2008 10 V 2450/08, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 2008, 628). Dem hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (Aktualisierung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 24. Februar 2005, BStBl I 2005, 429 durch Schreiben vom 30. Januar 2008, BStBl I 2008, 390). Die Literatur lehnt die Senatsauffassung dagegen überwiegend ab (Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 9 Rz 38; Hallerbach, Steuern und Bilanzen –StuB– 2006, 305; Horlemann, Finanz-Rundschau –FR– 2006, 1075; Schneider/Bahr, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer –INF– 2006, 386; Paus, FR 2006, 584; Heuermann, Der Betrieb –DB– 2006, 688 für die Zeit nach Ablauf der Ãœbergangsregelung; dagegen P. Fischer, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3, S. 13895; ders. in FR 2007, 76; differenzierend Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff –KSM–, EStG, § 10 Rz E 272 ff.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 10 EStG Rz 122 und 335 ff.; Dreher, Das Alterseinkünftegesetz, 2006, S. 79 ff.).
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Der erkennende Senat hält auch im Rahmen der abschließenden Prüfung der Problematik an seiner im Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 vertretenen Rechtsauffassung fest. Weder die endgültige Regelung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der Begrenzung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG (unten 2.) noch die den Kläger treffende Ãœbergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (unten 3.) verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sowie gegen das objektive und subjektive Nettoprinzip.
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2. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG hat der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) Rechnung getragen. Das BVerfG hatte die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG in der vor dem AltEinkG geltenden Fassung einerseits und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits teilweise für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Rechtslage bis zum Jahresbeginn 2005 zu bereinigen.
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a) § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG regelt die Abziehbarkeit von Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und anderer Altersvorsorgeaufwendungen. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bestimmt: „Zu den Beiträgen nach Buchstabe a und b ist der nach § 3 Nr. 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.“ Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 bis zu 20.000 € zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Satz 2 EStG). Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören oder Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 EStG).
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Die endgültige Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen besteht daher aus drei Elementen: der Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben (unten b), der Begrenzung des steuerlichen Abzugs der Vorsorgeaufwendungen auf 20.000 € bzw. im Falle der Zusammenveranlagung auf 40.000 € (unten c) sowie der Hinzurechnung des nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Ermittlung der geleisteten Vorsorgeaufwendungen (unten d). Alle drei Regelungen sind unter Berücksichtigung der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Grundsätze nicht zu beanstanden.