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BFH Urteil X R 6/08 – Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß


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3. Die begrenzte Abziehbarkeit seiner Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Ãœbergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG ist verfassungsmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

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a) Das BVerfG hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 (unter D.II.) dem Gesetzgeber aufgegeben, sich im Rahmen der Neuregelung der Renten und Pensionen für ein Lösungsmodell zu entscheiden und dieses folgerichtig auszugestalten. Sowohl bei den weichenstellenden Grundentscheidungen als auch im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender Ãœbergangsregelungen sei der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum nicht unbegrenzt. In jedem Fall seien die Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde. Im Ãœbrigen sei auch für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum eröffnet (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134 f.).

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b) Nach der Ãœbergangsregelung gemäß Â§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG sind im Kalenderjahr 2005 die nach § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG ermittelten Vorsorgeaufwendungen mit 60 % anzusetzen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG ist der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, als Sonderausgabe abziehbar. Der in § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG genannte Prozentsatz erhöht sich nach Satz 6 der Vorschrift in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr.

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c) Die Ãœbergangsregelung in Bezug auf die Altersvorsorgeaufwendungen steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Regelung der Besteuerung der ab dem Jahr 2005 zufließenden Renten gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Der Besteuerungsanteil der Renten bestimmt sich nach dem Kohortenprinzip, also für alle Rentner einheitlich nach dem Jahr des Beginns ihrer Rente. Für alle Renten, die vor dem Jahr 2040 beginnen, bleibt nach der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle ein bestimmter Teil der Rente, der durch regelmäßige Rentenerhöhungen nicht beeinflusst wird, dauerhaft steuerfrei (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG).

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d) Die Ãœbergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG wird zum einen charakterisiert durch eine begrenzte und nur allmählich ansteigende steuerliche Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen bis zu deren vollen Berücksichtigung ab dem Jahr 2025 und zum anderen durch die von Beginn an vollständige Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Berechnung der maximal abziehbaren Aufwendungen. Dies führt dazu, dass ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, im Streitjahr 2005 nur 20 % des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich geltend machen kann.

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e) Die Ãœbergangsregelung entspricht noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip (unten aa), solange das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird (unten bb). Ein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip liegt nicht vor (unten cc). Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberbeiträge in die Höchstbetragsberechnung kann im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch gerechtfertigt werden (unten dd).

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aa) Die Ãœbergangsregelung weicht zwar von dem nach dem objektiven Nettoprinzip maßgeblichen Veranlassungsprinzip ab, da im Jahr 2005 nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen und damit 20 % der vom Arbeitslohn des Klägers einbehaltenen Arbeitnehmeranteile zu seiner gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich abzugsfähig sind.

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aaa) Ein wichtiger Grund für die nur begrenzte Abziehbarkeit und die gewählte Stufenlösung ist, dass eine sofortige Abziehbarkeit der Beiträge zu Leibrentenversicherungen für die öffentlichen Haushalte nicht finanzierbar gewesen wäre, da es sofort zu einer Minderung der Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe gekommen wäre (BTDrucks 15/2150, S. 22).

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bbb) Der Gesetzgeber durfte bei der Einschränkung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen die Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte berücksichtigen und insofern das Nettoprinzip einschränken. Zwar hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung das Ziel der Einnahmenvermehrung für sich genommen nicht als hinreichenden sachlichen Grund für die Beschränkung des Abzugs betrieblich bzw. beruflich veranlasster Aufwendungen von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage anerkannt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.).

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Im vorliegenden Fall handelt der Gesetzgeber aber nicht mit dem Ziel der Einnahmenvermehrung, sondern mit dem Ziel, ausgehend von einer nicht systemgerechten Regelung eine nunmehr verfassungskonforme Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte zu erreichen, ohne durch die damit verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden (BTDrucks 15/2150, S. 22). Das BVerfG selbst hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73, 135 ausdrücklich gefordert, dass sich der Gesetzgeber bei der Ãœbergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen orientiert. Insoweit konnte und musste die Finanzierbarkeit der Neuregelung bei der Ãœbergangsregelung berücksichtigt werden.

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ccc) Hinzu kommt, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um eine vollständige –vom BVerfG selbst geforderte– in sich systemgerechte Neugestaltung der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte handelt. Eine solche Neugestaltung enthält notwendigerweise einen (teilweisen) Systemwechsel. Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen wird. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen in sich folgerichtigen und schlüssigen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Ãœbrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte –etwa der Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept–, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).



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