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BFH V R 18/08 – Vorlage an den EuGH: Steuerpflichtige Leistung des Forderungskäufers beim Erwerb zahlungsgestörter Forderungen


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Nach dem Kaufvertrag war keine nachträgliche Kaufpreisanpassung vorzunehmen, „wenn sich bei rückblickender Betrachtung herausstellen sollte, dass der realisierbare Teil der Forderungen höher oder niedriger ausfallen sollte oder die Realisierung der Forderungen schneller oder langsamer möglich ist“, als im Vertrag angenommen.

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Dem Kaufvertrag entsprechend informierte die Bank durch sog. „good bye letters“ über Verkauf und Abtretung der Forderungen.

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Die Klägerin gab für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2004 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung ab, in der sie –entsprechend dem BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 737, aber entgegen ihrer eigenen Rechtsauffassung– die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert als Vergütung für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Verkäufer der Forderung ansah. Dementsprechend behandelte sie den Abschlag von 364.925 € als Gegenleistung, so dass sich ein Entgelt von 314.591 € und eine Umsatzsteuerschuld von 50.334 € ergab.

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Die Klägerin erhob gegen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung Einspruch. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) wies den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Finanzgericht (FG). Während des FG-Verfahrens erging der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2004 vom 24. Mai 2006, den das FA durch Bescheid vom 9. August 2007 änderte. Beide Bescheide wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens.

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Das FG gab der Klage mit seinem in „Entscheidungen der Finanzgerichte“ 2008, 887 veröffentlichten Urteil statt. Anders als beim echten Factoring führe die Ãœbertragung zahlungsgestörter Forderungen nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung an den Verkäufer.

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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.

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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Das FG habe eine umsatzsteuerpflichtige Leistung der Klägerin zutreffend verneint.

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II. Entscheidungsgründe
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Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz bezeichneten Fragen zur Auslegung der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) des Gemeinschaftsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

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1. Zur Rechtslage nach nationalem Recht
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§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) ordnet an:
„Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. … .“
§ 2 UStG bestimmt:
„(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. …“

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§ 4 Nr. 8 Buchst. c und g UStG regeln:
„Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: …
8. c) die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
g) die Ãœbernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze.“

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§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG bestimmt:
„Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.“

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Nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 737, IV Tz. 11. f., einer norminterpretierenden Verwaltungsanweisung, die für die Gerichte nicht bindend ist, gilt Folgendes:

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„11. Bemessungsgrundlage für die Factoringleistung (Rz. 1) ist grundsätzlich die Differenz zwischen dem Nennwert der dem Factor abgetretenen Forderungen und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer (§ 10 UStG). Wird für diese Leistung zusätzlich oder ausschließlich eine Gebühr gesondert vereinbart, gehört diese zur Bemessungsgrundlage. Bei Portfolioverkäufen ist es nicht zu beanstanden, wenn eine nach Durchschnittswerten bemessene Gebühr in Ansatz gebracht wird. Der Umsatz unterliegt dem allgemeinen Steuersatz, § 12 Abs. 1 UStG.

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