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BFH VII R 26/08 – Antidumpingzoll: Anwendung der "de-minimis-Regelung" im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China


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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es müsse berücksichtigt werden, dass die T-GmbH, die RTV-GmbH und die Fa. RM wirtschaftlich miteinander verbunden gewesen seien, eine körperschaftsteuerliche sowie umsatzsteuerliche Organschaft gebildet hätten und deshalb eine Partei im Sinne der Antidumpingvorschriften gewesen seien. Hinsichtlich der Fristüberschreitungen sei es nach Sinn und Zweck der Antidumpingvorschriften zweifelhaft, ob damit eine Schädigung der Gemeinschaft verbunden gewesen sei. Bei der gebotenen sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über die besondere Verwendung hätten die Fristen auch rückwirkend verlängert werden können.

II.
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Die Revision ist teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Wegen Ãœberschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung bei Abgabe bestimmter Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH ist eine Antidumpingzollschuld nicht entstanden (2.). Ob und in welcher Höhe insoweit andere Pflichtverletzungen zur Entstehung der Antidumpingzollschuld führen, bedarf weiterer Klärung (3.). Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO), soweit Antidumpingzoll wegen Ãœberschreitung der Verwendungsfrist festgesetzt worden ist (4.).

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1. Das FG ist davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll allein gemäß Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 in Betracht kommt und dass die T-GmbH nach dieser Vorschrift unter Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll berechtigt war, unter der zollamtlichen Kontrolle der besonderen Verwendung bestimmte wesentliche Fahrradteile aus China in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder als Verteiler an eine andere Partei (Montagebetrieb) zu liefern. Der erkennende Senat folgt dieser –auch von den Beteiligten nicht infrage gestellten– Auslegung der Vorschrift, welche sich –wie das FG zutreffend ausgeführt hat– aus den Erwägungsgründen Nr. 4 und 8 der VO Nr. 88/97 ergibt, denen zufolge zum einen Lieferungen wesentlicher Fahrradteile an einen Montagebetrieb in einer Größenordnung von weniger als 300 Stück pro Monat als wirtschaftlich und für die Ziele des Antidumpingzolls kaum von Bedeutung angesehen wurden und zum anderen auch Parteien, die keine Montagen durchführen, das Befreiungssystem (als Verteiler) sollten in Anspruch nehmen können, sofern sie Fahrradteile nur in diesen geringfügigen Mengen an Montagebetriebe liefern (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 71/97 und die Erwägungsgründe Nr. 37, 38 der VO Nr. 71/97 sowie Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 26. September 2000 T-74/97 und T-75/97, Slg. 2000, II-3067, Rz 12, 16).

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Der Senat hält dies für zweifelsfrei und sieht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu richten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 283/81 –C.I.L.F.I.T–, Slg. 1982, 3415, 3430).

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2. Der Senat teilt jedoch nicht die Ansicht des FG, die T-GmbH habe mit der Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter wesentlicher Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH diese Teile i.S. des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 anderen Parteien geliefert.

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a) Der in der VO Nr. 88/97 verwendete Begriff der „Partei“ wird dort nicht definiert. Art. 3 VO Nr. 71/97, der die rechtliche Grundlage der VO Nr. 88/97 bildet, verwendet diesen Begriff nicht, sondern spricht von „Unternehmen“, z.T. auch von „Betrieben“, allerdings auch wieder ohne eine Begriffsbestimmung. Durchgehend gebräuchlich dagegen ist die Verwendung des Begriffs der „Partei“ in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (VO Nr. 384/96) des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABlEG Nr. L 56/1) sowie in dem dieser Verordnung zugrunde liegenden Ãœbereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 –Antidumpingkodex– (ABlEG 1994 Nr. L 336/103) als Oberbegriff für die am Antidumpingverfahren beteiligten ausländischen und inländischen Hersteller, Einführer und Ausführer.

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Den Vorschriften der VO Nr. 88/97 kann entnommen werden, dass es sich bei einer „Partei“ um eine zu rechtlichen Handlungen fähige Person oder einen Personenzusammenschluss handelt, die bzw. der insbesondere Anträge stellen (Art. 1 Anstrich 5, Art. 3 VO Nr. 88/97) und Zollanmeldungen abgeben kann (Art. 2 VO Nr. 88/97). Da zur Abgabe einer Zollanmeldung gemäß Art. 64 ZK jede Person (Art. 4 Nr. 1 ZK) berechtigt ist, kann angenommen werden, dass eine „Partei“ i.S. der VO Nr. 88/97 jede „Person“ i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sein kann. Die in den Anhängen I und II zur VO Nr. 88/97 genannten Parteien bestätigen dies ebenso wie die Formulierung in Art. 14 VO Nr. 88/97 „von einer anderen Person als einer befreiten Partei …“.

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b) Da sowohl die T-GmbH als auch die RTV-GmbH und M in Fa. RM Personen i.S. des Art. 4 Nr. 1 ZK sind, kann zwar jede(r) für sich als „Partei“ angesehen werden, weil durch die (vom FG angenommene) Organschaft weder im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes noch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die rechtliche Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Personen tangiert wird (vgl. Gosch/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 14 Rz 33, 44, 390, § 17 Rz 14; Radeisen in Vogel/ Schwarz, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 126, 138). Allerdings verlangt Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 bezüglich der Einhaltung der Mengenbegrenzung bei der Lieferung von Fahrradteilen die Berücksichtigung der geschäftlichen Verbundenheit von Parteien, die auch allgemein im Antidumpingzollrecht von Bedeutung ist (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 384/96 sowie Art. 2 Abs. 1, Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1 Antidumpingkodex). Danach werden bei der Bestimmung der Anzahl der in einem Monat angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile die von allen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile zusammengerechnet und damit diese verbundenen Parteien wie eine Partei behandelt. Daraus folgt, dass auch die Abgabe zur besonderen Verwendung bestimmter Fahrradteile unter diesen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien nicht als eine antidumpingzollrechtlich relevante Lieferung angesehen werden kann.

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c) Die T-GmbH, die RTV-GmbH und M in Fa. RM waren i.S. des Art. 14 Buchst. c Satz 2 VO Nr. 88/97 miteinander geschäftlich verbunden.



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