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BFH VII R 39/08 – Kein wirksames Steueraussetzungsverfahren ohne Bezugsberechtigung des Empfängers


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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat der Grundsatz der Abwälzbarkeit nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, dass er den von ihm als Steuerschuldner entrichteten Betrag immer von der Person ersetzt erhält, die nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll; mehr als die Möglichkeit einer Ãœberwälzung verlangt das Wesen einer Verbrauchsteuer nicht (BVerfG-Beschluss vom 28. Januar 1970 1 BvL 4/67, BVerfGE 27, 375, 384).


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Dieser Auffassung hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen und ausgeführt, dass das Risiko der Abwälzung der Steuer aus dem steuerlichen Bereich ausgeschieden und in den Bereich des allgemeinen kaufmännischen Risikos einbezogen worden ist (Senatsurteil vom 17. Dezember 1974 VII R 56/72, BFHE 115, 2, BStBl II 1975, 462). Somit ist es dem Gesetzgeber aus Gründen der Systematik und Folgerichtigkeit nicht verwehrt, eine Steuerentlastung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu gewähren oder für bestimmte Fallkonstellationen (z.B. Ausfuhr oder Untergang von versteuerten Erzeugnissen) nicht vorzusehen.

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b) Darüber hinaus sprechen für eine Nichtberücksichtigung subjektiver Vorstellungen des Steuerlagerinhabers und für eine Unbeachtlichkeit der Verwendung der aus dem Steuerlager entfernten Waren im Steuergebiet insbesondere Praktikabilitätsgründe. Die besonderen Verbrauchsteuern sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Entstehung an einen tatsächlichen Vorgang oder einen Zustand anknüpft. Deshalb werden diese Steuern im Schrifttum als verwendungsorientierte Realaktsteuern bezeichnet (F. Kirchhof, Grundriss des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl. Rz 91 und Förster, Die Verbrauchsteuern, S. 67). Mit der vom Gesetzgeber getroffenen Grundsatzentscheidung, die besonderen Verbrauchsteuern als Realaktsteuern auszugestalten, ließe es sich nicht vereinbaren, die Erfüllung des Steuerentstehungstatbestands des § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 von inneren Vorstellungen des Steuerlagerinhabers oder von ungewissen zukünftigen Ereignissen abhängig zu machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Entfernung des Mineralöls aus dem Steuerlager noch nicht feststeht, ob das Mineralöl im Steuergebiet verbraucht wird oder tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat oder zur Ausfuhr gelangt. Jedenfalls könnte ein Verbrauch im Steuergebiet –insbesondere bei einem betrügerischen Vorgehen der Abnehmer der verbrauchsteuerpflichtigen Ware– nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Zudem dürfte die Verifizierung der Behauptung des Steuerlagerinhabers, er sei von der Richtigkeit der Angaben seines Handelspartners und folglich von einer bestehenden Bezugsberechtigung des Empfängers ausgegangen, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Auch aus diesen Gründen kommt eine einschränkende Interpretation des § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 nicht in Betracht. Vielmehr erweist sich die Anknüpfung des Steuerentstehungstatbestands an objektive Merkmale unter steuersystematischen Gesichtspunkten als folgerichtig.

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Die Klägerin verkennt, dass es im Streitfall nicht um die Verweigerung einer beantragten Steuerentlastung geht, sondern um die Rechtmäßigkeit der auf § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 gestützten Steuerbescheide und somit allein um die Verwirklichung des Entstehungstatbestands. Davon zu unterscheiden ist die Frage nach einer evtl. bestehenden Erstattungs- oder Vergütungsmöglichkeit hinsichtlich der durch die Auslagerung des Mineralöls entstandenen Steuer.

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4. Die Regelung der Steuerentstehung in § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Verbrauchs des Mineralöls im Steuergebiet verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 und 14 GG.

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a) Die Klägerin wird durch ihre Inanspruchnahme nicht in gleichheitswidriger Weise gegenüber Mineralölhändlern belastet, die die Entlastungsregelung des § 53 MinöStV in Anspruch nehmen können. Im Steuerrecht kommt es für die am Maßstab des Gleichheitssatzes vorzunehmende Prüfung insbesondere darauf an, ob die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung auf sachgerechten finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen beruht (BVerfG-Urteil vom 10. Februar 1987 1 BvL 18/81 und 20/82, BVerfGE 74, 182, 200, m.w.N.) und ob durch die Differenzierung eine Gruppe von Steuerpflichtigen ohne hinreichenden sachlichen Grund stärker belastet wird als andere und dadurch in eine empfindlich ungünstigere Wettbewerbslage gerät, so dass die gesetzlichen Auswirkungen der getroffenen Differenzierung weiter greifen, als es der die Ungleichbehandlung legitimierende Zweck rechtfertigt, und schutzwürdige Belange der Nichtbegünstigten ohne hinreichenden sachlichen Grund vernachlässigt werden (BVerfG-Beschluss vom 11. Februar 1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238, 245, m.w.N.).

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Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Differenzierung der beiden Gruppen von Mineralölhändlern nicht auf einer unterschiedlichen Anwendung des § 9 Abs. 1 MinöStG 1993, sondern auf der Schaffung eines besonderen Entlastungstatbestands für den Fall des Forderungsausfalls beruht. Der Steuerentstehungstatbestand des § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 bleibt von der in § 53 MinöStV getroffenen Regelung unberührt. Die Gemeinsamkeit beider Fallkonstellationen besteht darin, dass sowohl im Falle des Forderungsausfalls als auch bei der Eröffnung eines unwirksamen Steueraussetzungsverfahrens mit der Folge der Steuerentstehung eine Abwälzung der Steuerbelastung auf einen Abnehmer nicht gelingt. Wie bereits ausgeführt, zwingt allein der Systemgedanke der Verbrauchsbesteuerung nicht zu einer Gleichbehandlung aller denkbaren Fälle, die mit einer –grundsätzlich ungewollten– steuerlichen Belastung des lediglich mit dem Inkasso beauftragten Mineralölhändlers einhergehen. Da eine Entlastung auch durch eine Erstattung, Vergütung oder einen Erlass der Mineralölsteuer vorgenommen werden kann, besteht darüber hinaus aus Gleichbehandlungsgrundsätzen keine Notwendigkeit zur einschränkenden Auslegung des Steuerentstehungstatbestands.


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