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BFH VII R 39/08 – Kein wirksames Steueraussetzungsverfahren ohne Bezugsberechtigung des Empfängers


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b) Entgegen der Auffassung der Klägerin schränkt das vom Steuerlagerinhaber zu tragende Risiko beim Versand unter Steueraussetzung stehender Waren die sich aus Art. 12 und 14 GG ergebenden Freiheitsrechte nicht in unverhältnismäßiger Weise ein. Jedem Mineralölhändler steht es frei, ob er ausländische Abnehmer beliefern und sich dabei des Verfahrens der Steueraussetzung bedienen will. Die SystemRL eröffnet auch die Möglichkeit des innergemeinschaftlichen Versands versteuerter Waren unter Inanspruchnahme einer Erstattung der Steuer im Abgangsmitgliedstaat (vgl. § 24 MinöStG 1993). Zudem dürfte das typische Berufsbild des Mineralölhändlers nicht durch eine Teilnahme am innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren geprägt sein. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist eine steuerliche Vorschrift nur dann an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lässt (BVerfG-Beschluss vom 30. Oktober 1961 1 BvR 833/59, BVerfGE 13, 181, 186). Ob dies beim allgemeinen Steuerentstehungstatbestand des § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 der Fall ist, kann dahingestellt bleiben.


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Selbst wenn die im Streitfall erfolgte Festsetzung der Mineralölsteuer vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wäre, würde das Recht zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zur selbstverantwortlichen Existenzgestaltung durch die Ausgestaltung des innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahrens nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt. Das beim Steuerlagerinhaber verbleibende Risiko ist systemimmanent und wird durch das sachgerechte und gemeinwohldienliche Anliegen des Gesetzgebers legitimiert, das Funktionieren des innergemeinschaftlichen Handels mit unversteuerten verbrauchsteuerpflichtigen Waren sicherzustellen.

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c) Auch der Schutzbereich des Art. 14 GG, der das Ergebnis einer beruflichen Betätigung schützt, wird durch § 9 Abs. 1 MinöStG 1993 grundsätzlich nicht betroffen. Die Pflicht zur Steuerentrichtung im Falle der Ãœberführung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in den freien Verkehr trifft den Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Unternehmer, nicht in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Unternehmens. Die Ausübung von Eigentümerbefugnissen wird von der Vorschrift nicht geregelt. Ein Zugriff auf das sachliche Substrat des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs findet somit nicht statt (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 16. März 1971 1 BvR 52, 665, 667, 754/66, BVerfGE 30, 292, 335, zur Erdölbevorratungsabgabe). Wie bereits ausgeführt, sind die besonderen Verbrauchsteuern zwar auf Abwälzung der Steuerlast auf den Verbraucher als den eigentlichen Belastungsträger angelegt, nach der Rechtsprechung des BVerfG, der sich der BFH angeschlossen hat, gehört zum Begriff der Verbrauchsteuer jedoch nicht die rechtliche Gewähr, dass der Schuldner stets den von ihm entrichteten Betrag von der Person ersetzt erhält, die nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll (Senatsurteil vom 26. Juni 1984 VII R 60/83, BFHE 141, 369, m.w.N.). Auch bei einem Misslingen der Abwälzung im Einzelfall wandelt sich die Mineralölsteuer nicht zu einer dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechenden und verfassungsrechtlich zu beanstandenden Unternehmensteuer. Da die Möglichkeit einer Steuerüberwälzung grundsätzlich gewährleistet wird, entfaltet die vom Gesetzgeber getroffene Regelung keine erdrosselnde und konfiskatorische Wirkung.

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5. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

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a) Dadurch, dass das FG von einer Beiziehung der Originale der Berechtigungsurkunden abgesehen hat, hat es weder gegen die sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebende Sachaufklärungspflicht, noch gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 FGO) verstoßen. Die Feststellung der Nichtberechtigung der von der Klägerin belieferten Firmen, Mineralöl unter Steueraussetzung zu beziehen, hat das FG auf schriftliche Mitteilungen der polnischen Zollverwaltung und der Zollkammer Warschau gestützt und darauf hingewiesen, dass die von einer Behörde eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Urkunden nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 2. Dezember 1997 C-336/94, Slg. 1997, I-6761) zu beachten seien. Anhaltspunkte dafür, die Richtigkeit der von den polnischen Zollbeamten erteilten Auskünfte in Zweifel zu ziehen, hat das FG nicht zu erkennen vermocht und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 19. Januar 2007 nicht geeignet sei, solche Zweifel zu wecken. Aus der maßgeblichen Sicht des FG musste sich somit die Notwendigkeit einer Vernehmung polnischer Zollbeamter zu den von ihnen erteilten Auskünften nicht aufdrängen. Dies gilt auch in Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin in dem vom FG in Bezug genommenen Schriftsatz. Aus diesem ergibt sich lediglich, dass die Klägerin die Auskunft „Erscheint nicht als Eigentümer eines Zolllagers oder bevollmächtigter Empfänger“ als Nachweis der fehlenden Bezugsberechtigung für unzureichend gehalten, nicht jedoch, dass sie die Richtigkeit dieser Angabe generell in Zweifel gezogen hat. Demgegenüber hat das FG diese Angaben im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung unter Beurteilung der Gesamtumstände für ausreichend erachtet. Dieses Ergebnis ist zumindest vertretbar und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

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Einen hinreichenden Anlass zur Erhebung weiterer Beweise durch Vernehmung polnischer Zollbeamter hat auch die Klägerin nicht gegeben. Wie sie selbst einräumt, hat sie es in der mündlichen Verhandlung vor dem FG unterlassen, die Vernehmung polnischer Zollbeamter als Zeugen zu beantragen. Nach der Rechtsprechung des BFH geht das Rügerecht bei verzichtbaren Verfahrensmängeln, zu denen ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht oder eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gehört, bereits durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 76 Rz 33; BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, 530 f., BStBl II 1998, 152). Im Streitfall oblag es der Klägerin, die Vernehmung der Zeugen zu beantragen, zumal sie nach ihrem eigenen Vorbringen die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 19. Januar 2007 als Widerspruch gegen die Verwertung der schriftlichen Aussagen verstanden wissen wollte und es nach dem Gang der mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG keine weiteren Zeugen laden würde. Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die eine fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (BFH-Beschluss vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751).


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