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BFH VII R 4/08 – Rückforderung berichtigter Vorsteuer gegenüber dem Zessionar


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Diese zu § 96 Abs. 1 der Insolvenzordnung entwickelte Rechtsprechung gilt auch für den umgekehrten Fall der Kompensation einer Steuervergütung, sei es dass diese durch Rückforderung des Vergütungsbetrags, sei es dass sie steuertechnisch in anderer Weise verwirklicht wird. In dem Rechtsverhältnis zwischen dem Finanzamt und dem Unternehmer wird dies zwar in den Fällen einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG nicht praktisch, weil insoweit das in § 17 UStG vorgesehene Verfahren –Hinzurechnung des zu berichtigenden Vorsteuerbetrags bei der Umsatzsteuerfestsetzung in dem Veranlagungszeitraum, in dem das die Berichtigung auslösende Ereignis eintritt– Vorrang hat. § 17 UStG ist jedoch lediglich eine aus Gründen umsatzsteuerrechtlicher Systematik und Praktikabilität geschaffene verfahrensrechtliche Sonderregelung gegenüber den ohne die Regelungen in § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 eingreifenden Änderungsvorschriften des § 164 Abs. 2 bzw. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, die zu einer Berücksichtigung später eintretender Ereignisse durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung führen würden. In seiner Entscheidung in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90 hat der Senat dargelegt, dass § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 lediglich zwischen dem steuerpflichtigen Unternehmer und dem Fiskus den Besteuerungszeitraum der Korrektur festlegt, wenn sie wegen der erst späteren Rückgängigmachung des Geschäfts nicht bereits im laufenden Besteuerungszeitraum vollzogen werden konnte. Diese spezielle Verfahrensregelung erklärt sich aus der materiell-rechtlichen Besonderheit des Umsatzsteuerrechts, der zeitraumbezogenen Besteuerung nach dem Sollprinzip, d.h. der Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Vorsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der in Rechnung gestellten Leistung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung der Gegenleistung (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1999). Daraus folgt aber auch, dass sich die Wirkung dieser Norm auf die Bestimmung des Korrekturzeitraums im Steuerrechtsverhältnis zwischen Steuerpflichtigem und Fiskus beschränkt. Nur in diesem Verhältnis rechtfertigen die materiell-rechtlichen Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts eine Abweichung von den allgemeinen abgabenrechtlichen Aufhebungs- und Änderungsvorschriften. Der Zessionar der vormaligen Umsatzsteuervergütung kann sich nicht darauf berufen, dass die Berichtigung ex nunc nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG 2005) die Wirksamkeit der vormaligen Festsetzung der Umsatzsteuervergütung nicht berührt. Denn im Rahmen des Schuldverhältnisses zwischen dem FA und dem Zessionar, das durch die Leistung auf einen abgetretenen Umsatzsteuervergütungsanspruch begründet worden ist, spielen die Besonderheiten des materiellen Umsatzsteuerrechts keine Rolle. Schuldverhältnisse zwischen Zessionar und Fiskus unterscheiden sich nicht durch die Steuerart, aus der der abgetretene Anspruch herrührt. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, die Voraussetzung für die Rückforderung, den Wegfall des rechtlichen Grundes, gegenüber dem Zessionar einer später berichtigten Umsatzsteuervergütung anders als im Fall der Rückforderung vom Zessionar einer anderen Steuererstattung allein wegen der verfahrensrechtlichen Sonderregelung des § 17 UStG grundsätzlich zu verneinen. Bei Berichtigung der Vorsteuer gegenüber dem Steuerpflichtigen tritt im Rechtsverhältnis des FA zu einem Zessionar die auflösende Bedingung ein, die der auf dem Vorsteuerabzug beruhenden Steuervergütung von Anfang an anhaftete, so dass der Berichtigung gegenüber dem Zessionar die Wirkung einer Erledigung der vormaligen Umsatzsteuervergütung „auf andere Weise“ i.S. des § 124 Abs. 2 AO –insoweit ähnlich wie dem Jahressteuerbescheid– innewohnt.

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Wie der Senat bereits ausgeführt hat, gebietet auch das Prinzip der Umsatzsteuerneutralität, dass nach Abtretung und Auszahlung einer Umsatzsteuervergütung und nachfolgender Insolvenz des Vorsteuerabzugsberechtigten die berichtigte Vorsteuer dem Fiskus unabhängig davon zurückerstattet wird, in welchem Voranmeldungszeitraum die Berichtigung vorgenommen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90). Denn es gilt, so umfassend wie möglich zu verhindern, dass zwar der leistende Unternehmer die bereits an das FA abgeführte Umsatzsteuer im Wege der Berichtigung, nicht aber das FA die seinerzeit berücksichtigte Vorsteuer –mangels Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen– zurückbekommt.

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Diese Situation kennzeichnet auch den Streitfall. Nach den Feststellungen des FG ergab sich die Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung, die die Berichtigung rechtfertigt, daraus, dass über das Vermögen der KG die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet war (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 V R 13/04, BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22). In dieser Situation durfte sich das FA an die Klägerin halten, da es nicht damit rechnen konnte, mit der Berichtigung gegenüber der KG die Vorsteuern auf den nun uneinbringlich gewordenen Kaufpreis im wirtschaftlichen Ergebnis in absehbarer Zeit ganz oder teilweise zurückzubekommen.

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cc) Die Erledigung und damit der Wegfall des rechtlichen Grundes für eine vormalige Umsatzsteuererstattung tritt allerdings durch den Berichtigungsbescheid nur ein, wenn dieser die Anforderungen erfüllt, die der Senat an einen zur (Teil-)Erledigung eines Vorbehaltsbescheids führenden Jahressteuerbescheid gestellt hat.

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(1) Nur wenn sich aus dem Jahresumsatzsteuerbescheid zweifelsfrei ergibt, dass ein Vergütungsanspruch in einem Voranmeldungszeitraum nicht bestand –etwa wenn die Jahressteuer mangels Unternehmereigenschaft bzw. fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung auf 0 DM festgesetzt worden war–, bewirkt der Jahresbescheid den Wegfall des Rechtsgrundes für die Auszahlung der seinerzeit aus den geltend gemachten Vorsteuern resultierenden Umsatzsteuervergütung.

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Allein die Festsetzung einer positiven Umsatzsteuerjahresschuld oder die Festsetzung einer geringeren negativen Umsatzsteuerschuld für das Kalenderjahr, als sich bei Zusammenrechnung der in den Voranmeldungen ausgewiesenen Beträge ergibt, lässt jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine Änderung der betreffenden Bemessungsgrundlage und damit auch den Wegfall des Vorbehaltsbescheids als gegenüber einem Zessionar wirksamer Rechtsgrund für den Vergütungsanspruch zu. Denn es ist daraus nicht zweifelsfrei erkennbar, in welchem Vorbehaltsbescheid eine berichtigungsbedürftige Besteuerungsgrundlage berücksichtigt worden ist und in welcher Höhe sich die zutreffende Berücksichtigung auf die seinerzeit ausgewiesene (negative) Umsatzsteuer auswirkt (Senatsurteil vom 2. Februar 1995 VII R 42/94, BFH/NV 1995, 853).

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(2) Ãœbertragen auf einen Berichtigungsbescheid bedeutet das, dass durch die spätere Berichtigung ein für einen Voranmeldungszeitraum ergangener Vorbehaltsbescheid seine formelle Wirksamkeit als Behaltensgrund für die ausgezahlte Steuervergütung nur verlieren kann, wenn sich die Berichtigung auf eine bestimmte, in jenem Vorbehaltsbescheid erfasste Lieferung bezieht, so dass der Bezug zu der berichtigten Voranmeldung und die berichtigte Bemessungsgrundlage zweifelsfrei feststehen (Senatsurteile in BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562; in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90, m.w.N.).



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