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BFH – VII R 6/09 – Rückforderung eines Erstattungsbetrags vom Kreditinstitut des Ãœberweisungsempfängers


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Ein Kreditinstitut ist auch dann nur Zahlstelle und nicht zur Rückzahlung des vom FA auf ein vom Steuerpflichtigen angegebenen Girokonto überwiesenen Betrags verpflichtet, wenn es den Betrag auf ein bereits gekündigtes, aber noch nicht abgerechnetes Girokonto verbucht und nach Rechnungsabschluss an den früheren Kontoinhaber bzw. dessen Insolvenzverwalter ausgezahlt hat (Abgrenzung zu den Beschlüssen vom 28. Januar 2004 VII B 139/03, BFH/NV 2004, 762, und vom 6. Juni 2003 VII B 262/02, BFH/NV 2003, 1532).


AO § 37 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1, § 676f, § 667

Urteil vom 10. November 2009 VII R 6/09

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2008 15 K 6215/05 B

Gründe

I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Kreditinstitut, führte für die X.-GmbH ein Girokonto, das sie am 1. Oktober 2004 mit einer Frist von sechs Wochen kündigte. Auf diesem Konto wurde am 16. November 2004 der Betrag gutgeschrieben, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) aufgrund eines Steueränderungsbescheids zu Gunsten der X.-GmbH –unter Außerachtlassung einer diesbezüglichen Abtretungserklärung– überwiesen hatte. Am 18. November löste die Klägerin das Konto auf und hinterlegte das Guthaben auf einem internen Verrechnungskonto. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X.-GmbH kehrte die Klägerin das Guthaben an den Insolvenzverwalter aus. Das FA erließ gegen die Klägerin einen Rückforderungsbescheid in Höhe des Ãœberweisungsbetrags. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

2
Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin sei als Leistungsempfängerin i.S. des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zur Rückzahlung verpflichtet. Zwar sei grundsätzlich ein Kreditinstitut nicht Leistungsempfänger, weil das FA seine Leistung mit dem Willen erbringe, eine Forderung gegenüber dem steuerlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Ein Rückzahlungsanspruch bestehe nach der Rechtsprechung aber dann, wenn die Ãœberweisung auf ein nicht mehr bestehendes Konto des Erstattungsberechtigten erfolge und die Bank den Ãœberweisungsbetrag wegen bestehender Forderungen gegen den Erstattungsberechtigten einbehalte. Die Weiterleitung des Betrags an den ehemaligen Kunden beruhe in diesem Fall nicht auf der girovertraglichen Verpflichtung der Bank, sondern auf ihrem eigenen Entschluss als Leistungsempfängerin. So liege es auch im Streitfall, in dem die Gutschrift erst nach Beendigung des Girovertrags erfolgt sei und die Weiterleitung des Betrags an den Insolvenzverwalter auf einem eigenen Entschluss der Klägerin beruhe. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auflösung des Girokontos komme es nicht an.

3
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), das FG habe sie zu Unrecht als Leistungsempfängerin und nicht als bloße Zahlstelle hinsichtlich der Steuererstattung des FA auf das Konto der GmbH angesehen und deshalb rechtsfehlerhaft den Rückzahlungsanspruch des FA bejaht.

4
Das FA hält die Entscheidung des FG für zutreffend und die von der Klägerin in Bezug genommenen Ausführungen des BGH nur im Innenverhältnis zwischen Bankinstitut und Bankkunden, nicht aber im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für maßgeblich.

II.
5
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und des Rückforderungsbescheids in der Fassung der Einspruchsentscheidung des FA (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

6
Entgegen der Auffassung des FG besteht kein Rückzahlungsanspruch des FA gegen die Klägerin gemäß Â§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Zahlung bewirkt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags, wenn die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist.

7
1. Im Streitfall ist die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt. Von den Beteiligten unangefochten geht das FG davon aus, dass bei der Ãœberweisung des Erstattungsbetrags auf das vom Steuerpflichtigen angegebene Konto bei der Klägerin eine vorrangige Abtretungserklärung nicht beachtet worden ist.

8
2. Der Rückzahlungsanspruch des FA gegen die Klägerin scheitert aber daran, dass entgegen der Auffassung des FG nicht sie, sondern die GmbH als Inhaberin des Erstattungsanspruchs Empfängerin der vom FA bewirkten Leistung ist.

9
a) Wie der Senat bereits ausgeführt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 30. August 2005 VII R 64/04, BFHE 210, 219, BStBl II 2006, 353, m.w.N.), ist in den Fällen, in denen an einem Erstattungsvorgang mehrere Personen beteiligt sind, derjenige Schuldner des abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruchs, zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde, die zurückgefordert wird. Dies ist in der Regel derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde ihre –vermeintliche oder tatsächlich bestehende– abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will. Ein Dritter ist folglich, obgleich tatsächlicher Empfänger einer Zahlung, dann nicht Leistungsempfänger, wenn er lediglich als Zahlstelle benannt worden ist bzw. das FA aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten an ihn eine Erstattung gezahlt hat. Denn in einem solchen Fall will das FA erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zu dessen Gunsten leisten, sondern es erbringt seine Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem steuerlichen Rechtsinhaber zu erfüllen.



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