BFH VIII R 78/05 – Vorlagepflichten eines Berufsgeheimnisträgers (Rechtsanwalt, Steuerberater)
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Die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung des § 393 AO im Hinblick auf eine von ihm behauptete Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 des Strafgesetzbuchs) im Falle einer Befolgung der Vorlageverlangen kommt nicht in Betracht, da eine Gesetzeslücke nicht ersichtlich ist.
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g) Das FA war nicht gehalten, von seinen Vorlageverlangen und deren Durchsetzung im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Verweigerungsrechte aus §§ 102, 104 AO Abstand zu nehmen.
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aa) Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO können u.a. Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater die Auskunft über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist. Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AO können diejenigen Personen, die die Auskunft verweigern dürfen, auch die Vorlage von Urkunden verweigern. Dabei besteht allerdings kein umfassendes Verweigerungsrecht, sondern nur ein jeweils auf die einzelne Unterlage bezogenes.
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bb) Hingegen leitet der Kläger aus seiner Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger ab, dass er nicht verpflichtet sei, irgendwelche Unterlagen vorzulegen. Er hat den Vorlageverlangen des FA in keinem einzigen Punkt entsprochen. Diese Auffassung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des BFH, dass eine Betriebsprüfung auch gegenüber Personen zulässig ist, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. unter II.3.b der Gründe dieses Urteils); wäre der Steuerpflichtige befugt, jedwede Unterlagen zurückzuhalten und insoweit nicht an der Prüfung mitzuwirken, würde eine Außenprüfung faktisch vereitelt.
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cc) Von vornherein nicht in Betracht kommen Verweigerungsrechte nach § 104 AO, soweit es um die Vorlage von Unterlagen geht, durch die nichts offenbart wird, was dem Kläger in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Das betrifft vor allem die Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung, sowie Kontoauszüge, die keine betrieblichen Vorgänge ausweisen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die angeforderten Eingangsrechnungen mandantenbezogene Informationen enthalten könnten, die der beruflichen Verschwiegenheitspflicht des Klägers unterliegen.
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dd) Hingegen gibt es angeforderte Unterlagen, wie etwa die Ausgangsrechnungen, bei denen davon auszugehen ist, dass ihnen regelmäßig die Identität des Mandanten wie auch die Tatsache seiner Beratung zu entnehmen ist. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH unterfallen auch diese Angaben dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO (BFH-Urteile vom 14. Mai 2002 IX R 31/00, BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712; in BFHE 220, 313, BStBl II 2009, 579; BFH-Beschluss vom 24. August 2006 I S 4/06, BFH/NV 2006, 2034; a.A. Klein/ Brockmeyer, a.a.O., § 102 Rz 3, § 104 Rz 2). Dabei hat der BFH die Rechtsprechungsgrundsätze zu dem mit § 102 AO weitestgehend gleich gestalteten § 53 Abs. 1 der Strafprozessordnung zur Bestimmung des Umfangs des Verweigerungsrechts herangezogen (s. BFH-Urteil in BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712). Für ein Vorlageverlangen bedeutet dies, dass trotz der dem Grunde nach bestehenden Vorlagepflicht die zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Person der Finanzbehörde grundsätzlich die Einsicht in alle Daten verweigern darf, auf die sich ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO erstreckt (BFH-Urteil in BFHE 220, 313, BStBl II 2009, 579; BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1957 II 100/53 U, BFHE 66, 225, BStBl III 1958, 86), und die mandantenbezogenen Informationen zurückhalten darf.
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Diesem Grundsatz steht das BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 (BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502) nicht entgegen, da es einen besonders gelagerten Sachverhalt betrifft. Nach dieser Entscheidung dürfen Rechtsanwälte die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen Angaben zu Teilnehmern und Anlass einer Bewirtung in der Regel nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern. Vor dem Hintergrund, dass die Angaben zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile in BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502; vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, jeweils m.w.N. ), ist der BFH dort von einer konkludenten Einwilligung des Bewirteten in die Offenbarung ausgegangen.
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Auch der Umstand, dass es im Streitfall um die eigenen steuerlichen Belange des Berufsgeheimnisträgers geht, führt insoweit zu keiner Ausnahme vom Mitwirkungsverweigerungsrecht. Das Gesetz schützt das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt oder Steuerberater und seinem Mandanten (BFH-Urteil in BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712). Für den Schutz des Vertrauensverhältnisses oder seine Gefährdung macht es keinen Unterschied, in welchem Steuerrechtsverhältnis es zu einer Offenbarung der mandantenbezogenen Informationen gegenüber der Finanzverwaltung kommt. § 102 AO gilt deshalb für eigene und fremde Steuersachen des Berufsträgers (h.M., s. v.Wedelstädt, Der AO-Steuer-Berater 2005, 13, 14; Schuster in HHSp, § 102 AO Rz 47; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 102 AO Rz 3; Klein/ Brockmeyer, a.a.O., §§ 102 Rz 1, 104 Rz 2; Göpfert, Der Betrieb, 2006, 581).
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