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BFH X R 40/06 Auslegung des Begriffs der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten


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aaa) Regelungsziel der Vorschrift ist nach der Gesetzesbegründung nur, die AfA nach Einlage zu begrenzen, um zu verhindern, dass im Anschluss an eine Abschreibung im Bereich der Ãœberschusseinkunftsarten nach der Einlage wiederum voll und damit „doppelt“ abgeschrieben werden kann (BTDrucks 14/23, S. 172). Würde die AfA-Bemessungsgrundlage nach Einlage auf die „historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten“ begrenzt, hätte dies aber –über den angestrebten Ausschluss von Doppelabschreibungen hinaus– auch zur Folge, dass stille Reserven, die im Privatvermögen vor dem Einlagezeitpunkt gebildet wurden, nicht mehr abgeschrieben werden könnten und bis zum Abgang des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen „eingefroren“ wären (vgl. Valentin, EFG 2007, 114, 115). Für die planmäßige AfA wird zwar streitig diskutiert, ob im Privatvermögen entstandene stille Reserven nach einer Einlage AfA-Volumen bilden dürfen (vgl. zum Streitstand z.B. Gröpl, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2000, 1285, 1288, m.w.N.). Diesem Gedanken ist der Gesetzgeber bei Einfügung des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG aber nicht gefolgt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte allein die Doppelabschreibung von Anschaffungs- und Herstellungskosten verhindert werden (BTDrucks 14/23, S. 172). Ein Verständnis der Regelung, dass im Privatvermögen gebildete stille Reserven nach der Einlage nicht mehr in die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, würde einen offenkundigen und vom Gesetzgeber nicht gewollten Wertungswiderspruch nach sich ziehen. Denn dann wären Wirtschaftsgüter, die vor der Einlage nicht im Rahmen einer Ãœberschusseinkunftsart genutzt worden wären, weiterhin vom Einlagewert (Teilwert) voll und die von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG erfassten Wirtschaftsgüter nur in Höhe der „historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten“ abschreibbar. Die Nutzung eines Wirtschaftsguts zur Einkünfteerzielung vor der Einlage bildet indes keinen tragfähigen Rechtfertigungsgrund für eine solche Ungleichbehandlung, wie bereits das FG zutreffend dargelegt hat.

bbb) Dem folgen überwiegend auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum (vgl. FG Münster, Urteil vom 23. August 2006 1 K 6956/03 F, EFG 2007, 178; FG Münster, Urteil vom 21. März 2007 8 K 3908/04 F, EFG 2008, 32; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 10. Juli 2008 5 K 149/05, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 269; Gröpl, DStR 2000, 1285; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 265; Wischmann/Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, Steuerreform 1999/2000/2002, § 7 R 7; Stuhrmann, FR 2000, 511; derselbe in Bordewin/Brandt, § 7 EStG Rz 121; HHR/Nolde, § 7 EStG Rz 225; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 7 Rz 153; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 7 Rz 88; Bartone in Korn, § 7 EStG Rz 98; a.A.: FG Hamburg, Urteil vom 4. November 2005 I 296/04, EFG 2006, 324; Niedersächsisches FG, Urteil vom 6. April 2006 11 K 449/03, EFG 2006 1239; Schnitter in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 7 Rz 218; vgl. auch die weiteren Literaturhinweise in Schmidt/Kulosa, EStG, 28. Aufl., § 7 Rz 80).

c) § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG regelt lediglich, dass bereits in Anspruch genommene AfA nicht ein weiteres Mal beansprucht werden darf, und begrenzt nicht den Einlagewert auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten. Sind –wie im Streitfall– die vor der Einlage im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven höher als die vor der Einlage berücksichtigten AfA-Beträge, ist die AfA-Bemessungsgrundlage gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG aus dem Einlagewert abzüglich der vor der Einlage berücksichtigten AfA zu ermitteln. Sie beträgt im Streitfall 587.660 DM (Einlagewert 820.000 DM ./. bereits genutzte AfA bis zur Einlage in Höhe von 232.340 DM). Bestandteile der Bemessungsgrundlage sind der Restbuchwert des Gebäudes im Zeitpunkt der Einlage (hier: 184.243 DM) und die vor der Einlage gebildeten stillen Reserven, die abgeschrieben werden dürfen, bis der nicht weiter abschreibbare Restbuchwert in Höhe der vor der Einlage in Anspruch genommenen AfA (hier: 232.340 DM) erreicht ist. Mit diesem Restbuchwert bleibt das Gebäude bis zum Abgang aus dem Betriebsvermögen in der Bilanz der Klägerin stehen.

4. Es bleibt ohne Auswirkung auf den im Streitjahr abziehbaren AfA-Betrag, dass die Klägerin nach den Gewinnermittlungen der Vorjahre 1999 bis 2002, die den bestandskräftigen Veranlagungen dieser Veranlagungs- und Erhebungszeiträume zugrunde liegen, zu hohe AfA-Beträge abgesetzt hat.

a) Auch in diesem Fall ist die AfA nach den unter II.3.c dargelegten Grundsätzen zu ermitteln. Der sich danach unter Berücksichtigung des zutreffenden AfA-Satzes (hier: 2 %) ergebende AfA-Betrag ist vom Buchwert in der Anfangsbilanz des ersten offenen Jahres weiter abzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 4. Mai 1993 VIII R 14/90, BFHE 171, 271, BStBl II 1993, 661, und vom 11. Dezember 1987 III R 266/83, BFHE 152, 128, BStBl II 1988, 335). Eine Verteilung des fortgeführten Buchwerts ab dem ersten offenen Jahr auf den verbleibenden Abschreibungszeitraum ist nicht zulässig, weil dies zu niedrigeren als den gesetzlich vorgegebenen AfA-Sätzen führen würde (BFH-Urteil in BFHE 171, 271, BStBl II 1993, 661). Es verkürzt sich nur die verbleibende Abschreibungsdauer.

b) Dies gilt gleichermaßen, wenn gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG eine vom Einlagewert abweichende AfA–Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Werden anfangs zu hohe Abschreibungsbeträge in Anspruch genommen, ist ab dem Streitjahr als erstem „offenen Jahr“ die weitere AfA mit dem zutreffenden AfA-Satz von der AfA-Bemessungsgrundlage des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG zu bemessen, bis das AfA-Volumen verbraucht ist. Im Streitjahr ist somit die AfA mit dem vom FG ermittelten Betrag (6.009 € = 11.753 DM) anzusetzen.

Quelle: Bundesfinanzhof.de



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