Das unmoralische Steuerdaten-Angebot – ein öffentlicher Aufruf zur Selbstanzeige ?
openPr – Am Wochenende wurde bekannt, dass ein Informant der deutschen Finanzverwaltung die Daten von 1.500 Kapitalanlegern angeboten hat und dafür 2,5 Millionen Euro verlangt. Während das Bundesfinanzministerium überlegt, ob er sich auf den Handel einlassen soll, ist zu dieser Frage bereits eine Diskussion entbrannt. Das Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass vorrangig die Länder über den Umgang mit den angebotenen Daten zu entscheiden hätten. Nach Presseberichten liegen sogar Angebote mehrerer Datenhändler vor, die zur Zeit von den zuständigen Landesfinanzbehörden geprüft werden. Ãœber das weitere Vorgehen werde im Einvernehmen zwischen Bundesfinanzministerium und Landesfinanzbehörden entschieden.
Den Presseberichten zufolge hat der Informant der Finanzverwaltung Testmaterial übergeben, wobei die Ãœberprüfung dieser Stichprobe ergab, dass in jedem der fünf Fälle eine Steuernachzahlung von jeweils einer Million Euro fällig wäre. Die Finanzverwaltung erklärte hierzu, dass es für die fünf Kontoinhaber, die probehalber kontrolliert wurden, für eine Selbstanzeige zu spät sei, da diese bereits enttarnt sind, auch wenn sie das selbst noch nicht wissen. Alle anderen könnten jedoch noch einer Strafe entgehen, indem sie sich rechtzeitig selbst anzeigen und die hinterzogenen Steuern nachzahlen.
Ein Bluff der Finanzverwaltung oder die letzte Chance für Betroffene?
Das sieht nach einem Wink mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl aus, die Chance zur strafbefreienden Selbstanzeige zu nutzen. Das öffentlich kundgetane Erörtern, ob man die Daten ankaufen werde, erscheint, als werde den Betroffenen damit die Gelegenheit zur Selbstanzeige gegeben. Die Selbstanzeige ist eine im deutschen Recht einmalige Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen trotz eines begangenen Steuerdelikts nicht strafrechtlich belangt zu werden.
Es ist eine Ungewissheit, wie lange die Finanzverwaltung den Betroffenen Zeit lassen wird und, ob das Angebot am Ende überhaupt angenommen wird. Sollte die Meldung vom Datenangebot bereits eine Vielzahl von Steuersündern aufschrecken und zu hohen Steuernachzahlungen führen, so wird die Finanzverwaltung möglicherweise von einem Ankauf absehen.
Die Chancen einer Selbstanzeige
Da nach derzeitiger Informationslage das Entdeckungsrisiko nicht einzuschätzen ist, hat jeder Betroffene nach seiner eigenen Risikoneigung die Chancen einer Selbstanzeige im jeweiligen Einzelfall abzuwägen.
Die Vorteile einer Selbstanzeige liegen in der Möglichkeit der Erlangung von Straffreiheit. Straffrei wird derjenige, der dem Finanzamt das Steuerdelikt nachvollziehbar offenbart und die hinterzogenen Steuern innerhalb einer kurzen Frist nachentrichtet. Angesichts der erheblichen Konsequenzen bei einer Verurteilung wegen einer Steuerstraftat ist dies eine entscheidende Chance für den Steuerpflichtigen. Die strafbefreiende Wirkung umfasst aber nur die Steuerstraftaten, nicht hingegen etwaige damit einhergehende Delikte.
Die Risiken einer Selbstanzeige resultieren vor allem aus zu beachtenden Formalien und gesetzlichen Voraussetzungen. So kann beispielsweise die Straffreiheit nur dann erlangt werden, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Mit einer fehlerhaften Selbstanzeige jedoch erhält das Finanzamt in den meisten Fällen ausreichende Informationen, die zu einem Entdecken der Tat führen. In der Folge kann eine zweite Selbstanzeige, eine Korrektur oder Reparatur der ersten fehlerhaften Selbstanzeige nicht mehr erfolgen. Damit hat der sich unrichtig oder ungenügend selbst Anzeigende für immer der Chance der Straffreiheit begeben. Eine Selbstanzeige ist daher gründlich vorzubereiten und durchzuführen.
Zu der Vorbereitung einer Selbstanzeige ist es erforderlich, die in Rede stehenden Kapitalanlagen und die damit in den zurückliegenden Jahren erzielten Erträge zu erfassen. Bei der Gelegenheit ergibt sich nicht selten, dass die Kapitalanlage nur magere Renditen abwerfen. Nach einer Aufdeckung der Kapitalanlage im Rahmen der Selbstanzeige gewinnen sie die Freiheit, dieses Geld an jedem Ort in jeder Form zu investieren, dann jedoch steuerlich erfasst, dafür ohne die Angst vor Entdeckung.
Nicht Abwarten bis es brennt, sondern gleich handeln
Wer von der Meldung über das unmoralische Angebot an das Finanzministerium nun aufgeschreckt ist, sollte zunächst in Erfahrung bringen, ob er konkret betroffen sein könnte. Wenn ja, hat er sich zwingend Gedanken über eine Selbstanzeige zu machen. Aber auch, wer derzeit nicht dem gesteigerten Entdeckungsrisiko unterliegt, sollte sich diese Gedanken bereits machen und nicht abwarten, bis es brenzlig wird. In dem Zusammenhang ist es ratsam, einen fachkundigen Rechtsanwalt oder Steuerberater zu konsultieren.
Nils Obenhaus LL.M. Taxation Rechtsanwalt Steuerberater
Neuer Wall 2-6
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