Ermäßigter Steuersatz bei Beherbergungsleistungen
openPR – Das sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat mit Wirkung zum 01.01.2010 den Steuersatz für Ãœbernachtungsleistungen auf 7 % ermäßigt. Das Frühstück und andere Nebenleistungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers hiervon ausgenommen. Aus diesem Grund sind nicht nur Hotelunternehmen von den praktischen Auswirkungen dieser Änderung betroffen. Alle Unternehmen mit Dienstreisenden müssen sich auf Änderungen einstellen.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz fügt einen neuen § 12 Abs. 2 Nr. 11 in das Umsatzsteuergesetz ein. Beherbergungsleistungen sind zukünftig ermäßigt zu besteuern. Die Steuerbefreiung ist jedoch beschränkt auf die unmittelbar der Ãœbernachtung dienenden Leistungen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen hierdurch insbesondere das Frühstück, Halb- und Vollpension, Wellnessbehandlungen und andere typischerweise durch Beherbergungsunternehmen erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit einer Ãœbernachtung dem Regelsteuersatz unterliegen. Zumindest für das Frühstück dürfte es relativ klar sein, dass es sich hierbei umsatzsteuerlich um eine Nebenleistung zur Hauptleistung Ãœbernachtung handelt (so auch BFH v. 15.01.2009, V R 9/06 – allerdings zum Leistungsort). Aus europarechtlicher Sicht ist die Beschränkung des ermäßigten Steuersatzes zumindest problematisch. Sie steht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Haupt- und Nebenleistung umsatzsteuerlich gleich zu behandeln sind.
1. Hotelunternehmen …
… müssen nunmehr das Frühstück und ähnliche Leistungen mit dem Regelsteuersatz belegen, wollen sie kein umsatzsteuerliches Risiko eingehen. Hierfür muss dem Frühstück ein Entgelt zugeordnet werden. Das Entgelt für das Frühstück aus der Kostenrechnung abzuleiten, birgt aus umsatzsteuerlicher Sicht sicherlich die geringsten Risiken. Es mindert allerdings den Vorteil aus der Steuersatzreduzierung und birgt auch für den Gast erhebliche Nachteile (s. unten 2.). Nach einer Information der OFD Karlsruhe ist es nicht zu beanstanden, wenn das Entgelt für das Frühstück mit EUR 4,80 (brutto) bemessen wird. Dieser Wert ist abgeleitet aus dem Lohnsteuerrecht (vgl. R 9.7 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 LStR 2008). Aus umsatzsteuerlicher Sicht wäre es wohl auch möglich, das Frühstück kostenlos abzugeben. Außer in den besonderen Fällen der Mindestbemessungsgrundlage besteht im Umsatzsteuerrecht keine Pflicht, sonstige Leistungen kostendeckend zu erbringen. Ein Gestaltungsmissbrauch könnte allenfalls in extremen Ausnahmefällen vorliegen, denn der Hotelier bezweckt ja gerade durch die Abgabe des Frühstücks, seinen Umsatz zu steigern. Er verfolgt damit primär außersteuerliche Gründe. Ein Frühstück kostenlos abzugeben, kann aber erhebliche ertragsteuerliche und lohnsteuerliche Nachteile bringen. Die Betriebsausgaben sind ab gewissen Grenzen als nichtabzugsfähige Geschenke zu verbuchen. Sofern die lohnsteuerlichen Freigrenzen pro Reisenden überschritten sind, wäre über eine lohnsteuerliche Pauschalbesteuerung nachzudenken, um die Dienstreisenden nicht zusätzlich zu belasten. Schließlich bleiben bei dieser Lösung auch aus Compliance-Gesichtspunkten Bedenken, da Dienstreisende massenhaft beschenkt würden und dies bei großen Unternehmen entsprechend zu melden wäre. Gleiches gilt bei im öffentlichen Dienst angestellten Reisenden. Aus praktischen Gründen bietet es sich daher nicht an, das Frühstück kostenlos abzugeben.
2. Dienstreisende …
… müssen den Konflikt zwischen einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung und den lohnsteuerlichen Regelungen zum Verpflegungsmehraufwand bewältigen. Arbeitgeber von Geschäftsreisenden werden grundsätzlich ein hohes Interesse daran haben, eine ordnungsgemäße, zum Vorsteuerabzug berechtigende, Rechnung zu erhalten. Aus einer Zusammenschau von § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 4, 5 und Nr. 7 UStG zeigt sich, dass eine genaue Leistungsbeschreibung erforderlich ist, jeder Entgeltposition der richtige Steuersatz zugeordnet werden muss und Entgelt und Steuerbetrag pro Steuersatz separat auszuweisen sind. Dies bedeutet, dass das separat auszuweisende Frühstück mit separatem Entgelt, Steuersatz und Steuerbetrag in der Rechnung anzugeben ist. Lohnsteuerliche Konsequenz für den Reisenden wäre, dass ihm der Arbeitgeber im Regelfall die Frühstückskosten nicht erstatten wird (vgl. R 9.7 Abs. 1 S. 4 LStR 2008). Vielmehr werden ihm lediglich die Pauschalen im Rahmen des Verpflegungsaufwandes erstattet. Dies kann im Einzelfall den Reisenden erheblich schlechter stellen als früher. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber dann aus dem Frühstück gar keinen Vorsteuerabzug geltend machen darf. Der Vorsteuerabzug steht ihm nur zu, wenn er die Verpflegungskosten voll getragen hat (vgl. Abschn. 12 Abs. 13 S. 1 UStR 2008).
2.1 Business Package
Diesem Problem kann dann entgangen werden, wenn Früh-stück und sonstige Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterliegen, zu einer Leistung eigener Art verbunden werden. Hotelunternehmen gehen daher zunehmend dazu über, sog. Business Packages anzubieten. Diese bestehen beispielsweise aus Frühstück, WLAN- und Telefax-Nutzung. Das Business Package wird in der Rechnung mit einem separaten Entgelt zum Steuersatz von 19 % ausgewiesen. Da das Frühstück nicht separat ausgewiesen ist, kann durch den Arbeitgeber eine Erstattung erfolgen, bei der für das Frühstück i. d. R. pauschal EUR 4,80 gekürzt werden.
Der Arbeitgeber hat nach unserem Dafürhalten wohl den vollen Vorsteuerabzug aus der gesamten Rechnung, da aus umsatzsteuerlicher Sicht sämtliche Leistungen für das Unternehmen bezogen werden. Vereinzelt laut gewordene Stimmen, dass die Bezeichnung „Business Package“ nicht hinreichend präzise sei und daher der Vorsteuerabzug zu versagen ist, teilen wir nicht. Zum einen ist zu bedenken, dass die Anforderung an die Leistungsbeschreibung bei geringen Entgelten weniger hoch sein sollte. Zum anderen würde dies im Widerspruch zur bisherigen Praxis im Hotel- und Gaststättengewerbe stehen. So würde kaum jemand bezweifeln, dass bei einer Rechnung über „Tagungspauschalen“ der Vorsteuerabzug gewährt werden kann.
2.2 Vorbestellung Frühstück
Eine andere, wenn auch administrativ viel aufwendigere Lösung ist die Vorbestellung des Frühstücks durch den Arbeitgeber. In diesem Fall steht ein Leistungsbezug durch den Unternehmer (= Arbeitgeber) fest. Voraussetzung ist jedoch, dass die Mahlzeit vorab schriftlich vorbestellt wird, so hat der Arbeitgeber den vollen Vorsteuerabzug. Der Arbeitnehmer kann gleichwohl eine vollständige Erstattung erhalten (vgl. R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR 2008) und der Arbeitgeber muss den Sachbezugswert versteuern. Die Pauschale für Verpflegungsmehraufwendung ist in der Regel nur um den Sachbezugswert i. H. v. EUR 1,57 zu kürzen.
3. Ergebnis
Es bleibt zu hoffen, dass die Steuersatzreduzierung die gewünschten volkswirtschaftlichen Effekte hat. Aus administrativer Sicht sind sowohl Hotelunternehmen als auch alle Unternehmen, die Dienstreisen veranlassen, erheblich mehr belastet.
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Dr. Stefan Maunz, Rechtsanwalt / Steuerberater
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