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Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (BFH I R 4/09)


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Ãœbergang von Verlustabzügen bei „Abwärtsverschmelzung“- Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes – Keine Betriebsfortführung bei der Verschmelzung einer Holdinggesellschaft auf ihre einzige Tochtergesellschaft – § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. setzt keine missbräuchliche Gestaltung voraus – Maßgeblicher Zeitpunkt für die Einstellung des Geschäftsbetriebes – Bindung des Klägers an seine Anträge nach Zurückverweisung an das FG

Ãœbergang von Verlustabzügen bei „Abwärtsverschmelzung“


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1. Wurde im Jahr 1998 eine Holdinggesellschaft auf ihre bisherige einzige Tochtergesellschaft verschmolzen, so ist ein bei ihr bestehender verbleibender Verlustabzug nicht auf die Tochtergesellschaft übergegangen.

2. Die Feststellung eines im Rahmen einer Verschmelzung auf die Ãœbernehmerin übergegangenen vortragsfähigen Gewerbeverlustes muss inhaltlich an die Verlustfeststellung für die übertragende Gesellschaft anknüpfen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268).

UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform § 12 Abs. 3
UmwStG 1995 § 19 Abs. 2
GewStG § 10a Satz 2

Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 4/09

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 10. Dezember 2008 12 K 7465/01 B (EFG 2009, 619)

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen einer Verschmelzung ein verbleibender Verlustabzug und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust auf die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) übergegangen sind.

2
Die Klägerin, eine GmbH, stellt Verpackungsmittel her. Ihre Anteile wurden bis 1997 (Streitjahr) von der B-GmbH gehalten. Die B-GmbH war eine Holdinggesellschaft, deren Zweck das Halten der Beteiligung an der Klägerin war. Ihr alleiniger Gesellschafter war im Streitjahr zunächst B. Ende 1997 wurde die B-GmbH mit Wirkung zum 30. September 1997 auf die Klägerin verschmolzen; die Verschmelzung wurde am 12. Mai 1998 im Handelsregister eingetragen.

3
In ihren Steuererklärungen für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen verbleibenden Verlustabzug sowie einen vortragsfähigen Gewerbeverlust, die ihrer Ansicht nach auf dem Ãœbergang von Verlustabzugsbeträgen der B-GmbH beruhten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte diese Verlustbeträge in (geänderten) Steuerbescheiden nicht. Die deshalb erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2008 12 K 7465/01 B); sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 619 abgedruckt.

4
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensmängel. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug zum 31. Dezember 1997 auf 15.997.601 DM und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1997 auf 13.556.354 DM festgestellt werden. In der ersten Instanz hatte die Klägerin hinsichtlich des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (nur) die Feststellung eines Betrags von 13.356.354 DM beantragt; dies ist ihrem Vortrag nach auf einen technischen Fehler ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.
6
Die Revision ist begründet, soweit es um die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes geht. Insoweit wird gemäß Â§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Hinsichtlich der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs ist die Revision unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).


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1. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) –UmwStG 1995 n.F.– tritt im Fall einer Verschmelzung die übernehmende Körperschaft bezüglich verschiedener –im Gesetz aufgezählter– steuerlicher Merkmale in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Dasselbe gilt gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. für einen verbleibenden Verlustabzug i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes unter der Voraussetzung, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. Diese Regelung ist nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen unanwendbar; die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu Art. 3 Nr. 4 Buchst. a des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56) gelten für die seinerzeit vorgenommenen weiteren Änderungen des UmwStG 1995 in gleicher Weise (ebenso schon Senatsurteil vom 29. April 2008 I R 103/01, BFHE 221, 121, BStBl II 2008, 723 zu § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 n.F.). Daher greift § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. im Streitfall ein.

8
2. Vor diesem Hintergrund hängt der Eintritt der Klägerin in den verbleibenden Verlustabzug der B-GmbH davon ab, ob der Betrieb der B-GmbH im Anschluss an deren Verschmelzung auf die Klägerin i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. „fortgeführt“ worden ist. Diese Frage hat das FG zu Recht verneint.

9
a) Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Betrieb der B-GmbH nicht von der Klägerin selbst fortgeführt worden ist. Nach seinen Feststellungen bestand die betriebliche Tätigkeit der B-GmbH darin, im Interesse ihrer Gesellschafter die Beteiligung an der Klägerin zu halten und zu verwalten. Gegenstand ihres Betriebs war mithin eine Vermögensverwaltung, wobei sie im Verhältnis zur Klägerin auf der Gesellschafterebene tätig wurde. Diese mit einer Kontrollfunktion verbundene vermögensverwaltende Tätigkeit ist im Anschluss an die Verschmelzung nicht durch die Klägerin fortgeführt worden; die Klägerin hat vielmehr weiterhin nur das von ihr geführte Produktionsunternehmen betrieben. Sie hat insbesondere nicht –wie zuvor die B-GmbH– eine Beteiligung gehalten und als externes Unternehmen auf die Geschäftstätigkeit der Beteiligungsgesellschaft eingewirkt. Der demnach bestehende strukturelle Unterschied der verschiedenen betrieblichen Tätigkeiten schließt es aus, die der Verschmelzung nachfolgende Tätigkeit der Klägerin als „Fortführung“ des ehemaligen Betriebs der B-GmbH anzusehen.


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