Onlinerechner:   Vergleiche: Steuersparprogramme:


Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck der Bank (BFH III R 101/06)


Seiten: 1 2 3


12
Das FA trägt zur Begründung der Revision vor, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– (z.B. Urteil vom 16. Oktober 2002 X R 74/99, BFHE 200, 380, BStBl II 2003, 245) lasse eine Veräußerung aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten die Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze nicht entfallen. Zwangsmaßnahmen der finanzierenden Banken komme für die Frage der anfänglichen Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zu (Urteil des Hessischen FG vom 17. März 1999 8 K 3872/94, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 904). Das FG habe seine Entscheidung auf das BFH-Urteil vom 7. November 1990 X R 170/87 (nicht amtlich veröffentlicht) gestützt. Dessen Sachverhalt sei aber mit dem Streitfall nicht vergleichbar, weil dort nicht aus freien Stücken veräußert worden sei, sondern um einer drohenden Verpflichtung zur Rückübertragung an den Konkursverwalter zuvorzukommen. Im Streitfall sei die Klägerin seit der erstmaligen Aufforderung durch die Bank im April 1995, Wohnungen zu verkaufen, keinen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt gewesen und hätte frei entscheiden können, welche Wohnungen sie zu welchem Zeitpunkt habe verkaufen wollen. Die Finanzierung des Objektes nahezu ohne Eigenmittel indiziere eine bedingte Veräußerungsabsicht, da mit dem Risiko eines Liquiditätsengpasses habe gerechnet werden müssen (BFH-Urteil vom 5. Mai 2004 XI R 25/03, BFH/NV 2004, 1399) und dann nur die Veräußerung von Objekten in Betracht komme. Dies gelte im Streitfall umso mehr wegen der verbilligten Vermietung an Angehörige.


.

13
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

15
Sie meinen, wegen ihrer besonderen Bindung an das Objekt, das neben ihrem Einfamilienhaus und zur Altersvorsorge errichtet worden und mit dem Betrieb verbunden sei, wegen der unbefristeten Vermietung, der fehlenden Freiwilligkeit der Verkäufe, der langfristigen Finanzierung und dem Fehlen von Vermarktungsanstrengungen entsprächen die Wohnungsveräußerungen nicht dem Bild eines Gewerbebetriebes. Dieses habe das FG –gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend– festgestellt. Schließlich sei zu überdenken, ob für die Ermittlung des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Herstellung und Veräußerung noch auf die Fertigstellung des Objektes und nicht auf den Zeitpunkt der Bindung des Eigentümers durch Abschluss des Bauvertrages –hier 1992– abzustellen sei; zumindest die Veräußerungen ab 1999 seien dann außerhalb des sog. Fünfjahreszeitraums erfolgt.

II.
16
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat die Wohnungsverkäufe der Klägerin zu Unrecht als private Vermögensverwaltung angesehen und das Vorliegen der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels verneint.

17
1. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617; vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; Senatsurteile vom 20. Februar 2003 III R 10/01, BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510; vom 15. Juli 2004 III R 37/02, BFHE 207, 162, BStBl II 2004, 950).


.

18
Eine private Vermögensverwaltung wird ausgeübt, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtungen nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann dagegen im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden, weil die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).

19
2. Die Klägerin hat innerhalb von fünf Jahren und zwei Monaten sechs Eigentumswohnungen hergestellt und verkauft und damit die objektiven Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt. Denn der Erwerb und die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von nicht mehr als etwa fünf Jahren indiziert eine Grenzüberschreitung von der Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C., m.w.N.; vom 20. März 2003 III B 174/01, BFH/NV 2003, 1166; BFH-Urteil vom 18. September 2002 X R 28/00, BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133, jeweils m.w.N.). Der Fünfjahreszeitraum beginnt in Herstellungsfällen –ungeachtet der Frage, ob die gewerbliche Tätigkeit möglicherweise bereits mit dem Grundstückserwerb oder der Vorbereitung der Bebauung beginnt– nicht mit dem Abschluss der Bauverträge, sondern mit der Fertigstellung (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 57/01, BFHE 201, 169, BStBl II 2003, 291, m.w.N., betr. Sanierung). Er gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Grundstück vom Veräußerer wie hier zunächst vermietet worden ist; dann ist von einer (ausreichenden) zumindest bedingten Veräußerungsabsicht auszugehen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170, unter 1. b bb, m.w.N.; vom 17. August 2005 IX R 35/04, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2006, 575).

20
3. Die durch die Verkäufe indizierte Annahme, dass die Klägerin bereits beim Erwerb des Grundstücks und der Herstellung der Wohnungen mit bedingter Veräußerungsabsicht handelte, ist entgegen der Ansicht des FG nicht widerlegt.

21
Nach der Rechtsprechung steht der Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht grundsätzlich nicht entgegen, dass die ursprüngliche Vermietungsabsicht aufgegeben und das Objekt aufgrund wichtiger und ungewollter Gründe verkauft wird. Denn die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf –z.B. Ehescheidung, Finanzierungsschwierigkeiten, Krankheit, Gefälligkeit gegenüber Mandanten (Senatsurteil in BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510), ein unerwartet hohes Kaufangebot– sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hatte (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. April 1991 VIII R 74/87, BFHE 164, 347, BStBl II 1991, 844; in BFH/NV 1997, 170, und vom 29. Oktober 1998 XI R 58/97, BFH/NV 1999, 766). Nichts anderes gilt für den im Streitfall von der Bank ausgeübten Druck, Wohnungen zu veräußern, um die Zwangsversteigerung zu vermeiden.


.



Kommentieren

Links: