Gewerkschaften fordern besseren Schutz vor Altersarmut
Die Zeit ist längst nicht reif für eine Rente mit 67, stellen die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fest. In vielen Branchen wie etwa am Bau oder im Hotel- und Gaststättengewerbe erreicht schon jetzt nur ein geringer Teil der Beschäftigten die Altersgrenze von 65 Jahren.
Eine Rente mit 67 läuft für sie auf eine Rentenkürzung hinaus. Fast drei Viertel der Deutschen lehnen das ab. Ãœberdeutlich wird das in der Unterschriftenaktion „Rente mit 67 stoppen – Erwerbsminderung besser absichern“ von IG BAU und NGG. „100 000 Unterschriften sprechen eine klare Sprache“, sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Andreas Steppuhn.
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„Die Menschen in Deutschland wollen diese Rentenreform nicht.“ Anlässlich der heutigen (21. Februar 2011) Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Thema Rente mit 67 rollte ein IG BAU-Bagger mit Unterschriften vor das Abgeordnetenhaus. Gemeinsam übergaben Vertreter der IG BAU und der Gewerkschaft NGG die zu einer kilometerlangen Protestnote verbundenen Unterschriften an Abgeordnete aller im Bundestag vertretenden Parteien.
„Die Regierung darf nicht länger eine Politik gegen die Bürger machen. Wer sich für das Wohl der Allgemeinheit kaputt geschuftet hat und vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden muss, hat ein Recht auf eine vernünftige Absicherung“, betonte Steppuhn. „Dafür müssen die viel zu hohen Hürden für die Erwerbsminderungsrente abgebaut und gleichzeitig die Zahlungen erhöht werden.“
„Nur rund jeder zweite Antrag auf Erwerbsminderungsrente wird genehmigt. Und am Ende – oft langer Gerichtsprozesse – steht gerade einmal die Grundsicherung für Arbeitssuchende“, führt Petra Schwalbe Landesbezirksvorsitzende der NGG Ost fort. „Menschen, die im Schichtsystem in der Produktion oder im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiten, können nicht bis 65 durchhalten. Für sie bedeutet die Rente mit 67 nichts anderes als zwei Jahre längere Arbeitslosigkeit und eine sozial ungerechte Rentenkürzung. In ein armutsfestes Rentensystem müssen alle einzahlen: Vom 400 Euro-Jobber, über die Selbstständigen bis zum Politiker“, so Schwalbe.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Widersprüchlichkeit im Verhalten von Schwarz-Gelb. „Die geplante Initiative der Koalition gegen die zunehmende Altersarmut ist nur dann glaubwürdig, wenn sie die Rente mit 67 stoppt. Durch die Rente mit 67 würde sich das Armutsrisiko im Alter drastisch erhöhen, weil nur die wenigsten der Beschäftigten die Chance haben, bis 65 Jahre zu arbeiten und bei einem vorzeitigen Ausscheiden noch höhere Rentenabschläge hinnehmen müssten“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
Sie verwies gleichzeitig auf die sozialen Folgen des Strukturwandels am Arbeitsmarkt. Durch gebrochene Erwerbslebensläufe und Ausweitung der prekären Beschäftigung werden kommende Rentnergenerationen kaum mehr genug zum Leben haben. Diese dramatische Entwicklung zeichne sich schon heute ab. „Auch ohne die Rente mit 67 droht uns eine Welle von Altersarmut, weil die Rente bereits um ein Viertel gekürzt worden ist und immer mehr Beschäftigte zu Niedriglöhnen arbeiten müssen (22 Prozent)“, sagte Buntenbach. „Die Bundesregierung muss schnellstens unter Beweis stellen, ob sie ernsthaft gegen Altersarmut vorgehen will. Notwendig ist ein Sofortprogramm für eine Rente, die zum Leben reicht.“ Sie unterstützte die Forderungen nach einer besseren und solidarischen Absicherung im Erwerbsminderungsfall.
Ruprecht Hammerschmidt
Pressesprecher IG Bauen-Agrar-Umwelt
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