Grundsatz der unteilbaren Mitgliedschaft eines Personengesellschafters (BFH II R 42/08)
Mitunternehmerinitiative bei Ãœbertragung eines Kommanditanteils auf einen anderen Kommanditisten unter Vorbehalt eines Nießbrauchs sowie der Stimm- und Verwaltungsrechte?
1. Der schenkweise Erwerb eines Kommanditanteils unterfällt nur dann dem § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vor 2009 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird.
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2. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Kommanditanteils nur deshalb Mitunternehmerinitiative zukäme, weil er bereits Kommanditist der KG war, – d.h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft wegen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte.
ErbStG vor 2009 § 13a Abs. 1, 2 und 4 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3
Urteil vom 23. Februar 2010 II R 42/08
Vorinstanz: FG Münster vom 19. Juni 2008 3 K 1086/06 Erb (EFG 2008, 1733)
Gründe
I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) sowie ihre Mutter (M) waren zwei von sechs Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG (KG), die sich mit der Verwaltung von Grundbesitz und der Errichtung von Wohngebäuden befasste. Die Beteiligung der M belief sich auf 11,25 % und die der Klägerin auf 42,40 %. Die KG hatte zwei nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligte persönlich haftende Gesellschafter, nämlich eine natürliche Person sowie die Grundstücksgesellschaft Y-mbH (GmbH). Nur die GmbH war zur Vertretung der KG und zur Führung ihrer Geschäfte berufen. Neben den festen Kapitalkonten und einem gesamthänderisch gebundenen offenen Rücklagenkonto wurden für die Kommanditisten Darlehenskonten geführt. Die GmbH war als Geschäftsführerin berechtigt, bis zu 25 % des Jahresüberschusses dem Rücklagenkonto zuzuführen. Der restliche Gewinn wurde nach weiteren Abzügen entsprechend den festen Kapitalanteilen verteilt. Für Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen, benötigte die GmbH einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss. In der Gesellschafterversammlung gewährte jeweils 1 € eines festen Kapitalkontos eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse konnten mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. In bestimmten Angelegenheiten war eine Mehrheit von 75 % sämtlicher Stimmen erforderlich.
2
Gesellschafter der GmbH waren die sechs Kommanditisten der KG mit Geschäftsanteilen in unterschiedlicher Höhe. Mit einer Ausnahme (Vorzugsstimmrecht) vermittelten je 100 DM eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterversammlung eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse kamen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande. Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedurften einer Mehrheit von 75 % sämtlicher Stimmen.
3
Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom 4. Dezember 2002 übertrug M ihren Kommanditanteil an der KG einschließlich ihres Anteils an den offenen Rücklagen und zuzüglich der Forderung aus ihrem Darlehenskonto sowie ihren Geschäftsanteil an der GmbH auf die Klägerin. Dabei behielt sie sich einen lebenslänglichen Nießbrauch an den übertragenen Beteiligungen vor. Der M sollten die Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung nebst den Zinsen auf die Darlehensforderung sowie die anteiligen Gewinnausschüttungen der GmbH zugerechnet werden. Außerdem sollten der M die mit der übertragenen Beteiligung an der KG verbundenen „Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte“ zustehen. Im Falle einer Veräußerung der Beteiligungen sollte sich der Nießbrauch am „Netto-Veräußerungserlös“ und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen.
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M erklärte, dass der Freibetrag gemäß § 13a Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der 2002 geltenden Fassung (ErbStG) in voller Höhe von 256.000 € in Anspruch genommen werde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) versagte jedoch die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG und setzte durch Bescheid vom 25. März 2004 bei einem Erwerb von 666.612 € und einer Vorschenkung aus dem Jahr 2000 in Höhe von 72.603 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Schenkungsteuer von 87.900 € fest. Davon stundete er wegen der Nießbrauchsbelastung einen Teilbetrag von 23.220 €, so dass zunächst nur 64.680 € zu zahlen waren. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin auf den Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG bestand, blieben erfolglos.
5
Das Finanzgericht (FG) war mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1733 veröffentlichten Urteil der Ansicht, die Klägerin sei wegen der Ausgestaltung des vorbehaltenen Nießbrauchs nicht Mitunternehmerin geworden. Zwar habe sie ein Mitunternehmerrisiko getragen –ihr stehe ein etwaiger Veräußerungserlös zu; auch liege das Risiko eines Untergangs der Beteiligung bei ihr–; sie könne jedoch wegen der M vorbehaltenen Stimm- und Verwaltungsrechte keine Mitunternehmerinitiative entfalten. Dem stehe die Einheitlichkeit ihrer durch den Hinzuerwerb vergrößerten Kommanditbeteiligung nicht entgegen. Ein Gesellschafter könne schuldrechtlich gehindert sein, „über Teile seines Anteils frei zu verfügen“. Im Ãœbrigen sei Erwerbsgegenstand eine Kommanditbeteiligung ohne die sonst damit verbundene Möglichkeit, Mitunternehmerinitiative zu entfalten.
6
Mit der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG. Ihr komme auch Mitunternehmerinitiative zu. Wegen der Einheitlichkeit des vergrößerten Kommanditanteils in ihrer, der Klägerin, Hand könne M die dem Nießbraucher sonst zustehenden Stimmrechte nicht ausüben. Vielmehr könnten die Mitgliedschaftsrechte aus dem einheitlichen Gesellschaftsanteil nur einheitlich ausgeübt werden. Daher sei der Vorbehalt der Stimm- und Verwaltungsrechte bezüglich des hinzuerworbenen Anteils durch M unwirksam oder zumindest undurchführbar. Sie, die Klägerin, sei allerdings verpflichtet, bei Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte die Interessen der M als Nießbraucherin zu berücksichtigen. Unabhängig davon müsse ohnehin in allen Fällen eines dinglichen Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil dem Gesellschafter ein Kernbereich von Mitwirkungsrechten zur eigenen Ausübung verbleiben. Deshalb sei ein Vorbehalt der Stimm- und Verwaltungsrechte dahin auszulegen, dass das Stimmrecht dem Nießbraucher nur in laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft zustehen solle.
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Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom 25. März 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2006 dergestalt zu ändern, dass die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG gewährt werden.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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