Kein Abzug von nicht einkünftebezogenen Steuerberatungskosten (BFH X R 10/08)
1. Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung mindern weder die Einkünfte noch das Einkommen.
2. Der Gesetzgeber war nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, den Abzug von Steuerberatungskosten zuzulassen. Die Neuregelung (Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.) verletzt weder das objektive noch das subjektive Nettoprinzip; auch der Gleichheitssatz wird nicht verletzt. Ein Abzug ist auch im Hinblick auf die Kompliziertheit des Steuerrechts verfassungsrechtlich nicht geboten.
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EStG a.F. § 10 Abs. 1 Nr. 6
GG Art. 3
Urteil vom 4. Februar 2010 X R 10/08
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 17. Januar 2008 10 K 103/07 (EFG 2008, 622)
Gründe
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 neben Steuerberatungskosten für die Ermittlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sowie für die Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Steuerberatungskosten für die Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung 2005 in Höhe von 94,57 € geltend. Die Einkommensteuererklärung 2005 wurde im Jahr 2006 erstellt, das Honorar wurde ebenfalls im Jahr 2006 gezahlt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) versagte den Abzug der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung mit der Begründung, es handele sich bei diesen Steuerberatungskosten weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten. Sie seien aufgrund der Aufhebung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm (StSofortPG) vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3682, BStBl I 2006, 79) ab 2006 nicht mehr abziehbar.
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Die Sprungklage wies das Finanzgericht (FG) ab; die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 622 veröffentlicht. Zur Begründung führte das FG aus:
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1. Die geltend gemachten Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung 2005 seien als Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG, nach der Steuerberatungskosten, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten seien, als Sonderausgaben abziehbar waren, sei durch das StSofortPG zum 1. Januar 2006 aufgehoben worden. Nach neuer Rechtslage seien Steuerberatungskosten nur noch zu berücksichtigen, wenn sie Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellten. Voraussetzung für einen Abzug sei daher, dass die Aufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte anfielen. Das Ausfüllen der Steuererklärung oder die Beratung in Tarif- und Veranlagungsfragen gehörten nicht zur Einkunftsermittlung. Die hierauf entfallenden Kosten sowie Aufwendungen stellten vielmehr Kosten der privaten Lebensführung dar.
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2. Die von der Klägerin geltend gemachten Steuerberatungskosten seien auch nicht deswegen nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG als Sonderausgaben abziehbar, weil die von der Klägerin in 2006 aufgewandten Kosten wirtschaftlich noch dem Veranlagungszeitraum 2005 zuzuordnen seien, für den die Einkommensteuererklärung erstellt worden sei.
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3. Die Klägerin werde durch die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs der privaten Steuerberatungskosten nicht in ihren Grundrechten verletzt. Die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs von privaten Steuerberatungskosten verletze sie nicht in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
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Private Steuerberatungskosten zählten nicht zum zwangsläufigen, pflichtbestimmten Aufwand im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Die Komplexität des Steuerrechts rechtfertige es nicht, private Steuerberatungskosten als pflichtbestimmte Zwangsaufwendungen oder unvermeidbare Privatausgaben zu qualifizieren, welche aufgrund des subjektiven Nettoprinzips vom Gesetzgeber zwingend zum Abzug als Sonderausgaben zuzulassen seien.
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Es könne offenbleiben, ob die Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG, wie die Klägerin meint, insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei, als Gesellschafter einer Personengesellschaft möglicherweise hinsichtlich der Ãœbertragung der Ergebnisse der Gewinnermittlung in die Steuerformulare der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gegenüber der Rechtslage bei Kapitalgesellschaften benachteiligt seien. Der Klägerin, die im Streitjahr keine Einkünfte als Gesellschafterin einer Personengesellschaft erzielt habe, fehle es insoweit an der subjektiven Betroffenheit für eine Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG.
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Die Klägerin sei auch nicht in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Soweit die Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG in die (wirtschaftliche) Handlungsfreiheit der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG eingreife, sei dieser Eingriff gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Wegfall des Sonderausgabenabzugs mit der Rechtsvereinfachung, dem Abbau von Ausnahmetatbeständen und der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage begründet (Fraktionsentwurf vom 29. November 2005, BTDrucks 16/105, S. 4).
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Mit der Revision macht die Klägerin geltend:
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Die vom FG gezogene Schlussfolgerung, dass private Steuerberatungskosten nicht zum zwangsläufigen, pflichtbestimmten Aufwand gehörten, sei unzutreffend. Die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für Steuerberatungskosten verstoße gegen das subjektive Nettoprinzip. Das subjektive Nettoprinzip gebiete die steuerliche Verschonung des Existenzminimums.
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Entgegen der Auffassung des FG stehe es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, Steuerberatungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Auch könne dem FG nicht beigepflichtet werden, dass das Steuerrecht nicht übermäßig kompliziert sei, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Finanzbehörde nach § 89 der Abgabenordnung (AO) zu Auskunft und Beratung verpflichtet sei. Nicht gefolgt werden könne der Aussage, dass die Unübersichtlichkeit vor allem den Bereich der Einkunftsermittlung betreffe.
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