Neues Erbrecht tritt 2010 in Kraft
Wenn es ums Erbe geht, kommt es auch in den besten Familien zu Konflikten: Die Angehörigen wollen angemessen bedacht werden, der Erblasser möchte sein Vermögen jedoch nach seinen Vorstellungen aufteilen. Mit dem neuen Erbrecht werden die möglichen Gründe für eine Enterbung Pflichtteilsberechtigter neu geregelt. Zudem wird das Engagement pflegender Angehörige mehr berücksichtigt.
Nach der Anfang 2009 in Kraft getretenen Reform des Erbschaftssteuerrechts wird nun auch das Erbrecht selbst geändert. „Reformiert werden insbesondere die möglichen Gründe für die Enterbung eines Angehörigen, die Ausgleichsansprüche für Pflegepersonen und die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche“, erläutert die D.A.S. Versicherung. Die Neuregelung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft und wird für alle Erbfälle ab diesem Zeitpunkt angewendet. Angepasst werden zum Beispiel die Vorschriften über den Pflichtteil. Mit dem Pflichtteil werden Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner auch dann am Nachlass beteiligt, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Unter bestimmten Umständen kann der Erblasser den Erben auch ihren Pflichtteil entziehen und sie somit komplett enterben. Die Voraussetzungen dafür, die sogenannten Pflichtteilentziehungsgründe, werden nun modernisiert.
Enterbungsgrund: Ehrloser Lebenswandel
Entfallen wird der altmodische Entziehungsgrund „ehrloser und unsittlicher Lebenswandel“ bei Kindern des Erblassers. Unter „ehrlos“ kann sich heute kaum jemand etwas vorstellen. Stattdessen wird der Gesetzgeber nun konkreter: Der Pflichtteil darf entzogen werden, wenn der Betreffende rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden ist und wenn es gleichzeitig für den Erblasser unzumutbar ist, ihm den Pflichtteil zu überlassen. Betrachtet wird also immer der Einzelfall. Der Personenkreis wird von Kindern auf andere Pflichtteilsberechtigte erweitert.
Enterbungsgrund: Mord, Totschlag, Körperverletzung
Besonders gegen Straftaten will der Gesetzgeber künftig Personen schützen, die dem Erblasser besonders nahe stehen wie Kinder, Stief- und Pflegekinder, aber auch Ehe- oder (eingetragene) Lebenspartner. Begeht ein Pflichtteilsberechtigter gegenüber diesen Personen schwere Straftaten oder versucht er sie womöglich umzubringen, kann ihm der Pflichtteil künftig genauso entzogen werden, wie nach bisheriger Rechtslage bei einem Mordversuch am Erblasser selbst. Schlägt also der Sohn des Erblassers in einem Familienstreit die Stieftochter zusammen, kann er den Pflichtteil verlieren.
Möglichkeit der Stundung
Erbt jemand ein Unternehmen oder eine Immobilie, sind oft Pflichtteile für nahe Angehörige fällig. Meist muss der Erbe dann schnell verkaufen, um die Berechtigten auszahlen zu können. Für solche Fälle wurde bereits in früheren Zeiten die Möglichkeit einer Stundung der Zahlung eingeführt. Die Reform erleichtert nun deren Voraussetzungen und macht sie für jeden Erben zugänglich. Der Erbe eines Eigenheims kann künftig die Stundung der Auszahlung verlangen, wenn eine „unbillige Härte vorliegt“ – also etwa dann, wenn er knapp bei Kasse ist und nur wegen des Pflichtteilsanspruches das Haus, in dem er wohnen will, verkaufen müsste.
Schenkungen zu Lebzeiten
Streit entsteht oft um Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten und zwar dann, wenn die Pflichtteilsberechtigten feststellen, dass es kaum noch einen Pflichtteil gibt, weil der Erblasser das meiste Geld bereits jemandem geschenkt hat, den er besonders mochte. Laut derzeitigem Gesetz können Schenkungen des Erblassers in seinen letzten zehn Jahren einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen. Das bedeutet: Der Pflichtteil wird so berechnet, als ob die Ersparnisse des Erblassers durch die Schenkung nicht reduziert worden wären. Eingeführt werden gleitende Fristen, nach denen die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruches immer weniger berücksichtigt wird, je länger sie her ist. Wird z. B. eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall vorgenommen, wird sie voll in die Berechnung des Ergänzungsanspruches eingerechnet. Fand sie im zweiten Jahr davor statt, rechnet man sie mit 9/10, im dritten Jahr mit 8/10 an.
Unentgeltliche Pflegeleistungen
Verbessert werden soll die Situation derer, die, oft über Jahre, einen kranken Angehörigen zu Hause gepflegt haben. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung sollen Pflegeleistungen künftig besonders dann besser honoriert werden, wenn es keine Ausgleichsregelung im Testament gibt. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche sollen nicht mehr wie bisher davon abhängig sein, dass zugunsten der Pflege auf eine eigene Berufstätigkeit mit Einkommen verzichtet wird.
Verjährung
Auch die Verjährungsregeln andern sich: Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche entspricht künftig der gesetzlichen Regelverjährung von drei Jahren. In einigen Fällen bleibt jedoch die 30-jährige Verjährung erhalten.