Nutzungsentnahme, mehrere Fahrzeuge, 1 %-Regelung (BFH VIII R 24/08)
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bb) Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergeben sich keine gegenteiligen Erkenntnisse. Die Begründung für den vom Bundesrat eingebrachten Regelungsvorschlag (vgl. BTDrucks 13/1686, S. 8) befasst sich nicht mit der Frage, ob die Vorschrift bei mehreren Fahrzeugen im Betriebsvermögen mehrfach anzuwenden sein soll, sondern geht ersichtlich vom Grundfall aus, dass nur ein Fahrzeug vorhanden ist und auch privat genutzt wird. Entsprechend soll die Bewertung der Privatnutzung vom Listenpreis „des Kraftfahrzeugs“ und damit vom „individuellen Wert des Kraftfahrzeugs“ abhängen (vgl. BTDrucks 13/1686, S. 8). Dies bestätigt die fahrzeugbezogene Konzeption der Vorschrift (dazu oben unter 2.a aa), lässt aber keinen Schluss darauf zu, dass bei mehreren Fahrzeugen etwas Abweichendes gelten soll.
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cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus systematischen Gründen. Als Bewertungsvorschrift setzt § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG den Tatbestand der Entnahme voraus; die Vorschrift begründet keinen speziellen Entnahmetatbestand (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1617). Aus dem Begriff der Entnahme ergibt sich indes nichts für die Auffassung des Klägers, denn jede einzelne Fahrt mit einem betrieblichen Kfz zu betriebsfremden Zwecken erfüllt bereits den Tatbestand einer Nutzungsentnahme und müsste grundsätzlich einzeln bewertet werden. Die dem Kläger möglicherweise vorschwebende zusammenfassende Entnahme der privaten Nutzung eines unbestimmten Fahrzeugs ist damit nicht in Einklang zu bringen. Die Möglichkeit der zusammenfassenden, fahrzeugbezogenen Bewertung mehrerer Nutzungsentnahmen wird vielmehr erst durch § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG geschaffen. Ãœber die Reichweite des Anwendungsbereichs dieser Norm lassen sich aus dem Entnahmebegriff keine Rückschlüsse ziehen.
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dd) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten ebenfalls keine andere Auslegung. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG dient vor allem der Vereinfachung der Bewertung (vgl. BTDrucks 13/1686, S. 8). Dieser Zweck wird nicht verfehlt, wenn die Norm auf mehrere betriebliche Fahrzeuge jeweils einzeln angewandt wird, die auch privat genutzt worden sind. Umgekehrt würde jedes andere Auslegungsergebnis den Normzweck eher gefährden, da wegen der fahrzeugbezogenen Konzeption der Norm unvermeidliche, auch administrative Schwierigkeiten bei ihrer Anwendung entstehen, wenn der Grundsatz verlassen wird, dass für jedes auch privat genutzte Fahrzeug eine Bewertung nach der 1 %-Regelung vorzunehmen ist (vgl. Urban, Finanz-Rundschau –FR– 1997, 661; Hoffmann, EFG 2008, 1277, 1278).
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ee) Diese Auslegung führt auch nicht zu vermeidbaren Härten. Zwar vervielfältigt die mehrfache Anwendung der 1 %-Regelung den zu versteuernden privaten Nutzungsanteil ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Umfang der Privatnutzung. Das ist jedoch Folge der vom tatsächlichen Nutzungsumfang absehenden Konzeption der Typisierungsvorschrift und führt insbesondere nicht zur Verfassungswidrigkeit der typisierenden Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, denn die gesetzliche Typisierung ist insoweit nicht zwingend, sondern widerlegbar (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273; in BFH/NV 2009, 1617). Der Steuerpflichtige hat jederzeit die Möglichkeit, den privaten Nutzungsanteil den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend durch Führung eines Fahrtenbuchs zu ermitteln (BFH-Urteil vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403).
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Entgegen der Auffassung des Klägers besteht deshalb auch keine Veranlassung zu einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift. Als ungerecht empfundenen oder den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Ergebnissen der 1 %-Regelung kann der Steuerpflichtige ausweichen, indem er von der zumutbaren Möglichkeit Gebrauch macht, den privaten Nutzungsumfang durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachzuweisen. In diesem Fall besteht auch das vom Kläger behauptete Verifikationsdefizit nicht.
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c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter den besonderen Umständen des Streitfalles. Gehören mehrere Kfz zu einem Betriebsvermögen, ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann fahrzeugbezogen, also mehrfach anzuwenden, wenn in tatsächlicher Hinsicht feststeht, dass ausschließlich eine Person die Fahrzeuge auch privat genutzt hat.
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aa) Zu Recht hat das FG angenommen, dass es für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht darauf ankommt, wie viele Personen die Fahrzeuge privat nutzen (Hoffmann, EFG 2008, 1277; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 80). Zwar wird, wenn nur eine Person abwechselnd mehrere Fahrzeuge nutzt, dem Betrieb zu jeder Zeit nur jeweils ein Fahrzeug entzogen; auch führt die mehrfache Anwendung der 1 %-Regelung dazu, dass bei konstanter Summe aller Privatfahrten der private Nutzungsanteil mit einem Mehrfachen dessen angesetzt werden muss, mit dem er anzusetzen wäre, wenn der Steuerpflichtige nur eines der Fahrzeuge für Privatfahrten genutzt hätte und diese Tatsache nachweisen könnte. Indes ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus deren Entstehungsgeschichte Hinweise darauf, dass die –wie dargelegt– fahrzeugbezogene Konzeption der Vorschrift für Sonderfälle ergänzt werden sollte durch eine personenbezogene Betrachtung (so schon Urban, FR 1996, 741, und ders. FR 1997, 661, 663). Auch für eine am Zweck der Vorschrift ausgerichtete einschränkende oder verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift besteht nach dem oben Dargelegten keine Veranlassung. Der Steuerpflichtige kann auch in diesem Sonderfall Fahrtenbücher führen und dadurch jederzeit die Besteuerung der Privatanteile mit den tatsächlichen Kosten herbeiführen. Entscheidet er sich nicht dafür, gebietet es der mit der Typisierung verfolgte Vereinfachungszweck, die Norm entsprechend ihrer fahrzeugbezogenen Konzeption ohne Rücksicht auf die Zahl der Nutzer für mehrere Fahrzeuge mehrfach anzuwenden.
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bb) Aus Tz. 9 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2002, 148 ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Danach soll der Ermittlung des privaten Nutzungswerts nur das Fahrzeug mit dem höchsten Listenpreis zugrunde gelegt werden, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die betrieblichen Fahrzeuge nicht von Personen genutzt werden, die zu seiner Privatsphäre gehören (zustimmend: Schmidt/Glanegger, EStG, 28. Aufl., § 6 Rz 421; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz E 110; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 404.9; Meurer in Lademann, EStG, § 6 EStG Rz 889; Herrmann in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 6 Rz 399). Die Vorschrift ist für die Streitjahre (2002, 2003) anwendbar. Zwar ist das BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 148 ersetzt worden durch das BMF-Schreiben vom 18. November 2009 IV C 6 – S 2177/07/10004 (BStBl I 2009, 1326). Dieses enthält keine entsprechende Vorschrift mehr. Die insoweit neu gefasste Tz. 12 des BMF-Schreibens in BStBl I 2009, 1326 ist aber nach der Ãœbergangsvorschrift in Tz. 36 desselben Schreibens erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 beginnen.
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