Schutz der aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehenden Gemeinschaft (II R 67/08)
Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG
Der Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG dadurch gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass er eine aus einem alleinerziehenden Elternteil und seinem noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie nicht erfasst.
FGO § 122 Abs. 2 Satz 2 und 3
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
HmbZWStG § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c
HmbMG § 15 Abs. 2 Satz 3
LMG M-V § 16 Abs. 2 Satz 3
MRRG § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und 3
Beschluss vom 16. Dezember 2009 II R 67/08
Vorinstanz: FG Hamburg vom 1. Oktober 2008 7 K 245/07 (EFG 2009, 298)
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Gründe
I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist unverheiratet und Mutter einer am 28. Januar 1989 geborenen Tochter, für welche sie bis zu deren Volljährigkeit alleine sorgeberechtigt war. Bereits vor 2007 bewohnte sie mit ihrer Tochter eine Wohnung in N, die sie als Hauptwohnung anmeldete und in den Streitjahren 2007 und 2008 beibehielt. In N hielt sich die Klägerin überwiegend auf; ihre Tochter besuchte dort ein Gymnasium. Da die Klägerin in Hamburg arbeitete, mietete sie dort eine weitere Wohnung, welche sie ab dem 15. Dezember 2006 als Nebenwohnung anmeldete und am 16. Dezember 2006 bezog.
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Mit Bescheid vom 8. Juni 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) mit Blick auf die in Hamburg angemietete Wohnung Zweitwohnungsteuer für 2007 bis 2009 in Höhe von jährlich 300 € gegen die Klägerin fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
3
Die Klage begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass § 2 Abs. 5 Buchst. c des Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetzes (HmbZWStG) auf den Streitfall analog anzuwenden sei. Dies ergebe sich letztlich aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 298 veröffentlichten Urteil ab. Zur Begründung führte es aus, § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG erfasse seinem Wortlaut nach nur Verheiratete, welche eine Zweitwohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehätten und deren gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen sei. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung sei schon wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts ausgeschlossen. Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vor, weil jedenfalls eine Privilegierung im Streitfall spätestens mit der Volljährigkeit des Kindes Ende Januar 2007 nicht mehr geboten und die Festsetzung der Steuer gegen die Klägerin im Ãœbrigen schon ab dem Beginn des Monats Januar von den melderechtlichen Verhältnissen der Tochter unabhängig gewesen sei.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Nichtverheiratete mit Kindern würden durch § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gegenüber Verheirateten mit Kindern unzulässig benachteiligt. Das FG hätte daher die Norm entweder erweiternd auslegen oder aber den Streitfall dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen müssen.
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Nachdem die Klägerin dem FA mitgeteilt hatte, dass sie ihre Hamburger Wohnung zum Ende des Jahres 2008 aufgegeben habe, setzte das FA die für 2009 festgesetzte Steuer auf 0 € herab. Die Beteiligten haben insoweit inzwischen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Zweitwohnungsteuerbescheid des FA vom 8. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 aufzuheben, soweit sie die Zweitwohnungsteuer für 2007 und 2008 betreffen.
8
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
9
Die die Streitjahre 2007 und 2008 betreffende Aufforderung zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung, weil das Revisionsverfahren II R 67/08 eine Rechtsstreitigkeit über Landesrecht betrifft. In dem Rechtsstreit ist darüber zu entscheiden, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf die Klägerin analog anzuwenden ist bzw. gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
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1. Nach § 1 HmbZWStG unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg der Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG als Zweitwohnung jede Wohnung i.S. des Abs. 3 der Vorschrift aufzufassen ist, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Hamburgischen Meldegesetzes (HmbMG) dient. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbZWStG dient eine Wohnung als Nebenwohnung im Sinne des HmbMG, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 HmbZWStG knüpfen damit –ohne dass sich hieraus verfassungsrechtliche Bedenken ergäben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 5. März 1997 II R 41/95, BFHE 182, 249; auch BFH-Beschluss vom 1. Oktober 2008 II B 16/08, BFH/NV 2009, 53)– nicht an die melderechtlichen Voraussetzungen einer Nebenwohnung, sondern an die Meldung als solche an, wobei zusätzliche Voraussetzung ist, dass die betroffene Person die Wohnung tatsächlich bewohnt. Es steht außer Zweifel, dass die Klägerin seit dem 16. Dezember 2006 in Hamburg eine Zweitwohnung i.S. des § 1 HmbZWStG innehatte. Dies folgt daraus, dass sie ihre Hamburger Wohnung ab dem 15. Dezember 2006 als Nebenwohnung gemeldet und sie ab dem Folgetag ausschließlich für ihre beruflichen Aufenthalte in Hamburg genutzt hat.
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2. Die Anwendung des § 2 Abs. 1 HmbZWStG ist nicht nach dessen Abs. 5 Buchst. c ausgeschlossen, weil die Vorschrift auf den Streitfall weder unmittelbar noch analog angewendet werden kann.
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a) Nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gelten die Abs. 1 und 2 der Vorschrift nicht für Wohnungen, die eine verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner lebt, aus überwiegend beruflichen Gründen innehat, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg belegen ist. Da die Klägerin nicht verheiratet ist bzw. in einer Lebenspartnerschaft lebt, ist eine unmittelbare Anwendung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf sie bereits aus diesem Grund ausgeschlossen.
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