Steuerberatungsrecht: Führen eines Zusatzes zur Berufsbezeichnung (BFH VII R 24/09)
Die Bezeichnung „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)“ ist als Zusatz zur Berufsbezeichnung unzulässig.
GG Art. 12 Abs. 1
StBerG § 43 Abs. 2, § 43 Abs. 3, § 57a
Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 24/09
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 12. November 2008 2 K 1569/08 (EFG 2009, 437)
.
Gründe
I.
1
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Im Juli 2007 wurde er vom Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) als „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)“ anerkannt. Auf seine Anfrage bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Steuerberaterkammer), ob Bedenken bestünden, die erworbene Bezeichnung zu führen, teilte diese mit, dass die Führung des Fachberatertitels neben der Berufsbezeichnung unzulässig sei, der Kläger aber in Praxisbroschüren, Internetauftritten usw. auf die Ableistung seines Fachberaterkurses und die erworbene zusätzliche Qualifikation als Fachberater hinweisen dürfe.
2
Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass er zur Führung der Bezeichnung „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e.V.)“ neben der Berufsbezeichnung „Steuerberater“ berechtigt ist, wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 437 veröffentlichten Gründen ab.
3
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass das FG die Feststellungsklage zu Unrecht als teilweise unzulässig angesehen habe, denn die Vereinbarung zwischen der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und dem DStV, auf die sich das FG insoweit stütze, sei nicht rechtsverbindlich. Im Ãœbrigen verkenne das FG, dass er bisher in keiner Weise zum Ausdruck gebracht habe, er wolle eine weitere Berufsbezeichnung oder einen Zusatz zur Berufsbezeichnung als zulässig feststellen lassen, denn die Bezeichnung „Fachberater“ sei –wie auch das FG geurteilt habe– keine Berufsbezeichnung. Sie dürfe auch nicht als Zusatz zu einer Berufsbezeichnung verboten werden, da § 43 Abs. 2 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) keinen Erlaubnisvorbehalt enthalte und deshalb verfassungswidrig sei. Keinesfalls könne der Vorschrift entnommen werden, dass –wie das FG meine– das Führen der Fachberater-Bezeichnung zulässig sei, wenn diese auf dem Briefkopf deutlich abgesetzt sei. Die Einschränkung der Werbefreiheit des Steuerberaters sei unverhältnismäßig, da die streitige Fachberater-Bezeichnung keine Irreführung der Rechtssuchenden bewirke. Es gebe keine vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls, die dafür sprächen, alle Angaben und Zusätze, die nicht als Angaben oder Zusätze auf dem Praxisschild erscheinen dürften, ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck sowie ihren Informationswert für Dritte generell zu verbieten.
4
Die Steuerberaterkammer ist der Ansicht, dass das Führen der vom Kläger erworbenen Fachberater-Bezeichnung nach § 43 StBerG unzulässig und die darin liegende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit verfassungsgemäß sei. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe diese Vorschrift bisher nicht beanstandet und der Streitfall gebe auch keinen Anlass, sie verfassungskonform auszulegen.
II.
5
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
6
1. Das FG hat die Klage zu Recht als zum Teil unzulässig abgewiesen.
7
Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren einen seinem Revisionsantrag entsprechenden Antrag gestellt. Er begehrte –und begehrt– danach die Feststellung, zum Führen der streitigen Fachberater-Bezeichnung berechtigt zu sein, wobei er dieses Klagebegehren zwar mit dem Zusatz, diese Bezeichnung neben der Berufsbezeichnung „Steuerberater“ führen zu wollen, in gewisser Weise konkretisiert, es im Ãœbrigen allerdings nicht näher umschrieben oder eingeschränkt hat. Unter dem „Führen“ einer beruflichen oder auf einen Beruf bezogenen Bezeichnung ist ihre Kundgabe oder der Hinweis auf sie gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr zu verstehen, was auf vielerlei Art und Weise geschehen kann, weshalb das FG im Streitfall zu ermitteln hatte, auf welche Art des „Führens“ das Feststellungsbegehren des Klägers gerichtet ist. Da der Kläger trotz des Hinweises der Steuerberaterkammer im finanzgerichtlichen Verfahren, eine bestimmte Art des „Führens“ der Fachberater-Bezeichnung, nämlich von der Berufsbezeichnung „Steuerberater“ räumlich abgesetzte Hinweise auf die Ableistung eines Fachberaterkurses und die erworbene Qualifikation in Geschäftspapieren, Praxisbroschüren, Internetauftritten usw., als zulässig anzusehen, seinen Klageantrag nicht beschränkt, sondern demgegenüber geltend gemacht hat, dass die Vereinbarung zwischen der BStBK und dem DStV nicht rechtsverbindlich sei, musste das FG von einem nach wie vor weit gefassten Klagebegehren ausgehen und annehmen, der Kläger wolle seine Befugnis zum Führen der Fachberater-Bezeichnung auch insoweit im Wege der Feststellungsklage erstreiten, als eine bestimmte Art des „Führens“ von der Steuerberaterkammer nicht beanstandet wird. Ohne Erfolg wendet die Revision ein, der Kläger habe einen solchen Antrag nicht gestellt, denn das Gericht ist nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO an den –ggf. durch Auslegung zu ermittelnden– Inhalt des Klagebegehrens, nicht aber an die Fassung der Anträge gebunden.
8
Das FG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger für sein auch auf diese Art des Führens der Fachberater-Bezeichnung gerichtetes Feststellungsbegehren das nach § 41 Abs. 1 FGO erforderliche berechtigte Interesse fehlt. Entscheidend ist insoweit allein, dass dem Kläger im maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Recht, auf die erworbene Fachberater-Qualifikation in der vorstehend beschriebenen Weise hinweisen zu können, nicht bestritten worden ist. Einer gerichtlichen Feststellung, dass der Kläger zu einer werbenden Darstellung in dieser Weise berechtigt ist, bedurfte es daher nicht. Auf die Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarung zwischen der BStBK und dem DStV kommt es dabei ebenso wenig an wie auf den Umstand, dass –wie die Revision behauptet– andere Steuerberaterkammern diese Vereinbarung nicht anerkennen. Auch wenn die Vereinbarung keine allgemeinen Rechtswirkungen entfaltet, gibt sie doch, da sich die Steuerberaterkammer nach ihr richtet, jedenfalls dem Kläger die Möglichkeit, die Fachberater-Bezeichnung im Geschäftsverkehr werbend einzusetzen. Vermeintliche Rechte anderer Steuerberater kann der Kläger nach den Vorschriften der FGO nicht erstreiten.
.