Steuerliche Zurechnung eines Teilgeschäftsanteils im Rahmen einer Quotentreuhand (BFH IX R 14/08)
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 947 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen die Auffassung, dass die von den Klägern mit den Treugebern A, B, R und C geschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb zivilrechtlich unwirksam seien, weil die Teilgeschäftsanteile, auf die sich die jeweiligen Treuhandverhältnisse bezögen, weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages am 17. Dezember 1997 noch in der Folge durch eine nach Maßgabe des § 17 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Streitjahr geltenden Fassung (GmbHG a.F.) vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen restlichen Geschäftsanteil als selbständige Beteiligungsrechte begründet worden seien; damit hätten diese bis zur Beendigung der vereinbarten Treuhandverhältnisse zu keinem Zeitpunkt als selbständige Rechte bestanden. Gegenstand eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses könne nur eine Sache bzw. ein Recht sein, die bzw. das tatsächlich existiere, zumindest jedoch während des Bestehens des Treuhandverhältnisses zu irgendeinem Zeitpunkt zur Entstehung gelange. Nur in einem solchen Fall könnten sowohl Treugeber als auch Treuhänder ihre jeweiligen Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag tatsächlich erfüllen. Die an die Treugeber weitergeleiteten Veräußerungsgewinnanteile seien auch nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen.
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Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass die von den Klägern abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb als zivilrechtlich unwirksam anzusehen seien, weil sie sich lediglich auf Teilgeschäftsanteile bezögen, die weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages am 17. Dezember 1997 noch in der Folge als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden seien. Ferner habe das FG im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO zu Unrecht auf die spezialgesetzliche Beweislastregel des § 159 AO abgestellt; diese sei kein „Steuergesetz“ i.S. des § 41 Abs. 1 Satz 2 AO. Jedenfalls hätte das FG die an die Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG gewinnmindernd berücksichtigen müssen. In diesem Zusammenhang habe das FG ferner zu Unrecht die von den Klägern angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.
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Die Kläger beantragen,
den im Verlauf des Klageverfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. März 2006 sowie das Urteil des FG vom 8. Februar 2008 aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit der Maßgabe zu ändern, dass aus der Veräußerung der Anteile an der F-GmbH kein Veräußerungsgewinn erfasst wird.
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Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
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Das FA vertritt die Auffassung, dass ein Treuhandvertrag, der, wie im Streitfall, sich auf einen Teilgeschäftsanteil beziehe, nicht tatsächlich durchführbar und daher mit den maßgeblichen Bestimmungen des GmbHG a.F. nicht vereinbar sei. Das FG habe daher zu Recht die von den Klägern geschlossenen Treuhandvereinbarungen –auch unter Berücksichtigung der Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO– als unwirksam angesehen. Zutreffend sei auch die Auffassung des FG, dass eine gewinnmindernde Berücksichtigung der an die Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile als Veräußerungskosten nicht in Betracht komme. Der von den Klägern gerügte Verfahrensfehler liege nicht vor.
II.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
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1. Den gerügten Verfahrensmangel erachtet der Senat für nicht durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
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2. Das FG ist indes zu Unrecht davon ausgegangen, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C geschlossenen Vereinbarungen allein deshalb zivilrechtlich als unwirksam anzusehen sind, weil sie sich jeweils auf einen (rechnerischen) Quotenanteil eines Geschäftsanteils bezogen haben, der nicht durch eine nach Maßgabe des § 17 GmbHG a.F. vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen Geschäftsanteil der Kläger als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden ist; dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Das FG hat, ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, nicht geprüft, ob die Quotenanteile mit Blick auf die maßgeblichen Treuhandvereinbarungen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO oder ggf. nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sind. Der Senat kann auf der Basis der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kläger im Streitjahr wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 EStG an der F-GmbH beteiligt waren.
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Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern ist bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses das Treugut steuerrechtlich dem Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
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a) Die Kläger waren im Streitjahr zivilrechtlich je zur Hälfte an der F-GmbH beteiligt. Nach Maßgabe der vom 17. Dezember 1997 datierenden Treuhandverträge hielten die Kläger jedoch quotale Anteile ihrer jeweiligen Geschäftsanteile als Treuhänder für A, B, R und C. Der Annahme eines (zivilrechtlich) wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen Geschäftsanteil, sondern –als sog. Quotentreuhand– lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 20. Januar 1966 II ZR 46/63, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1966, 472; vom 13. Juni 1994 II ZR 259/92, Der Betrieb –DB– 1994, 1669, unter II.2.a; Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 4. Dezember 2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 1828, 1867; Priester, Quotentreuhand am GmbH-Anteil, in: Der Fachanwalt für Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 153; s. auch P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 170; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 39, m.w.N.). Der Anteil an einem selbständigen Geschäftsanteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand dar. Die Treuhand bezeichnet in diesem Fall den Vertragszweck, die Quote dagegen bestimmt –in technischer und betragsmäßiger Hinsicht– die mittelbare Beteiligung des Treugebers am Geschäftsanteil.
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