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V R 61/03 BFH Urteil Wasseranschluss


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„1. Art. 4 Abs. 5 und Anhang D Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass unter den Begriff ‚Lieferungen von Wasser‘ im Sinne dieses Anhangs das Legen eines Hausanschlusses fällt, das wie im Ausgangsverfahren in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht, so dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, für diese Leistung als Steuerpflichtiger gilt.

2. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 sind dahin auszulegen, dass unter den Begriff ‚Lieferungen von Wasser‘ das Legen eines Hausanschlusses fällt, das wie im Ausgangsverfahren in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht. Zudem können die Mitgliedstaaten konkrete und spezifische Aspekte der „Lieferungen von Wasser“ –wie das im Ausgangsverfahren fragliche Legen eines Hausanschlusses– mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegen, vorausgesetzt, sie beachten den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der dem Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt.“

FA und BMF sind der Meinung, das EuGH-Urteil stehe der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, dass das Legen von Wasserleitungen einschließlich Hauswasseranschlüssen mit dem vollen Steuersatz zu besteuern sei (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1185 und in BStBl I 2004, 638, 676), nicht entgegen. Denn nach dem EuGH-Urteil –das nicht auf das Vorliegen von Haupt- und Nebenleistung abstelle– stehe den Mitgliedstaaten, solange die Wettbewerbsneutralität gewahrt sei, ein Wahlrecht zu, lediglich einzelne „Aspekte der Lieferungen von Wasser“ ermäßigt zu besteuern. Diese selektive Anwendung sei in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) dadurch erfolgt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG nur Lieferungen von Wasser erfasse, nicht aber sonstige Leistungen, wie das Verschaffen der Anschlussmöglichkeit durch das Legen des (im Eigentum des Klägers verbleibenden) Hausanschlusses, auch wenn beide Umsätze unter den Begriff „Lieferungen von Wasser“ i.S. des Anhangs H Kategorie 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) fielen.

Das BMF führt ergänzend aus, selbst wenn die Hausanschlüsse –anders als im Streitfall– geliefert würden, unterlägen (auch) diese Umsätze nicht der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG. Denn der Umfang der von dieser Steuerermäßigung erfassten Gegenstände werde –europarechtlich zulässig– durch den Verweis in Nr. 34 der Anlage zum UStG auf den Zolltarif abgegrenzt. Da Kapitel 22 des Zolltarifs ausschließlich Flüssigkeiten umfasse, wäre der körperliche Gegenstand „Hausanschluss“ in keinem Fall in die von Nr. 34 der Anlage zum UStG in Bezug genommene Unterposition 2201 9000 des Zolltarifs einzureihen; dies schließe eine Anwendung der Steuerermäßigung auf das Legen eines Hausanschlusses aus.

Dieses Ergebnis entspreche auch dem historischen Willen des Gesetzgebers. Das UStG 1967 habe lediglich eine Steuerermäßigung für Milch, Wasser und bestimmte Milchmischgetränke enthalten. Dies mache deutlich, dass der Gesetzgeber mit der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG nur reine Wasserlieferungen, nicht jedoch andere damit in Zusammenhang stehende Leistungen habe begünstigen wollen.

Der Kläger tritt dem Vorbringen von FA und BMF entgegen. Er meint, das EuGH-Urteil besage insbesondere, dass unter den Begriff „Lieferungen von Wasser“ das Legen eines Hausanschlusses falle und dies nur bedeuten könne, dass das Legen von Hausanschlüssen durch ein Wasser-Versorgungsunternehmen zwar umsatzsteuerpflichtig sei, aber dem ermäßigten Steuersatz unterliege.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Dezember 2006 und sodann den geänderten Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Juni 2007 erlassen.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Juni 2007 als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger beantragt, den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um … DM (= … €) niedriger festgesetzt wird.

Das BMF hat keinen Antrag gestellt.

II.
Die Revision des FA ist im Ergebnis unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Sie führt zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das FG hat in dem angefochtenen Urteil die als Steuerfestsetzung wirkende Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Kalendervierteljahr 2000 vom 17. November 2000 (§ 168 der Abgabenordnung –AO–) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2001 geändert.

a) An die Stelle dieser Steuerfestsetzung trat während des Revisionsverfahrens gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO zunächst der Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Dezember 2006 und sodann der geänderte Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Juni 2007 (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 23. August 2007 V R 10/05, BFHE 217, 332, BFH/NV 2007, 2217).

Damit liegt dem FG-Urteil eine nicht mehr existierende Steuerfestsetzung zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10; vom 10. November 2004 XI R 30/04, BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274; vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFH/NV 2008, 907, BStBl II 2008, 695, unter II.1.).

b) Einer Zurückverweisung an das FG nach § 127 FGO bedarf es nicht.

Denn durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2000 vom 13. Dezember 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Juni 2007 hat sich angesichts des vom Kläger der Höhe nach beibehaltenen Antrags der bisherige Streitstoff nicht verändert, wie die Beteiligten übereinstimmend mitgeteilt haben. Es geht nach wie vor ausschließlich um die Steuerermäßigung von Umsätzen des Klägers, bei denen der Empfänger der Hausanschlussleistung mit dem Empfänger der nachfolgenden Wasserlieferung identisch ist.

Der erkennende Senat entscheidet deshalb gemäß § 126 Abs. 2 FGO in der Sache selbst. Er weist die Revision des FA mit der Maßgabe als unbegründet zurück, dass unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2007 vom 13. Juni 2007 die Umsatzsteuer 2000 entsprechend dem Antrag des Klägers um … DM (= … €) niedriger festgesetzt wird.



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