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V R 61/03 BFH Urteil Wasseranschluss


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bb) Der Senat geht aber angesichts der vom EuGH für diese Aussage gegebenen Begründung (Rdnrn. 41 bis 43 des Urteils) übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass Leitsatz 2 Satz 2 des EuGH-Urteils –entgegen dessen Wortlaut– in dem Sinne zu verstehen ist, dass die Mitgliedstaaten das Legen eines Hausanschlusses von der grundsätzlichen Steuerermäßigung für die „Lieferungen von Wasser“ (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/EWG, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG) ausschließen dürfen.

Denn der EuGH hat u.a. ausgeführt, der Wortlaut von Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zwinge nicht zu der Auslegung, dass der ermäßigte Satz nur dann angewendet werden könne, wenn er sich auf alle Aspekte der „Lieferungen von Wasser“ im Sinne des Anhangs H der Richtlinie beziehe, so dass eine selektive Anwendung des ermäßigten Satzes nicht ausgeschlossen sei, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich ziehe (Rdnr. 41). In dem dort vom EuGH in Bezug genommenen Urteil vom 8. Mai 2003 Rs. C-384/01, Kommission/Frankreich (Slg. 2003, I-4395, BFH/NV Beilage 2003, 161) hatte der EuGH die Rechtmäßigkeit der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Anschlussgrundgebühren für Gas- und Elektrizitätslieferungen in Frankreich bejaht, während die Lieferungen selbst dem Normalsatz unterlagen (vgl. Rdnrn. 4, 5 dieses EuGH-Urteils).

cc) Ein solcher Ausschluss des Legens eines Hausanschlusses durch „die Mitgliedstaaten“ von der für Wasserlieferungen geltenden Steuerermäßigung (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/EWG, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG) kann nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung erfolgen (zutreffend Tehler, EU-Umsatzsteuer-Berater 2008, 38, 39).

Die BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1185 und in BStBl I 2004, 638, 676 reichen insoweit nicht aus. Sie enthalten lediglich Verwaltungsanweisungen, durch die eine selektive Anwendung des Regelsteuersatzes nicht angeordnet werden kann (vgl. Tehler, EU-Umsatzsteuer-Berater 2008, 38, 39 unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 16. Januar 2003 Rs. C-315/00, Rudolf Maierhofer (Slg. 2003, I-563, UR 2003, 86). Der EuGH hat in diesem Urteil entschieden, in den Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) enthaltene Verwaltungsanweisungen hätten nur Weisungscharakter und stellten keine Gesetzesbestimmungen dar; sie könnten daher keine weitere Ausnahme i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (Steuerfreiheit der Vermietung von Grundstücken) einführen (Rdnr. 23). Dementsprechend können die Verwaltungsanweisungen in den BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1185 und in BStBl I 2004, 638, 676 für das Legen von Hausanschlüssen keine Ausnahme von der grundsätzlich für die Lieferung von Wasser vorgesehene Steuerermäßigung (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/EWG, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG) begründen.

dd) Eine derartige gesetzliche (Ausnahme-)Regelung kann –entgegen der Auffassung des BMF und des FG– nicht daraus hergeleitet werden, dass die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG nur „Lieferungen“ (sowie die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb) von Wasser begünstigt, nicht aber „sonstige Leistungen“, die der Kläger im Streitfall durch das Legen der Hausanschlüsse erbracht habe.

Denn der EuGH hat, wie dargelegt, entschieden, dass das Legen eines Hausanschlusses unter den Begriff „Lieferungen von Wasser“ fällt; er hat also eine (rein) begriffliche Zuordnung vorgenommen. Auf die Frage, ob es sich dabei um eine Lieferung eines Gegenstandes oder um eine sonstige Leistung (Dienstleistung) handelt, kommt es nach der Rechtsauffassung des EuGH nicht an.

ee) Entgegen der Auffassung des BMF kann ein gesetzlicher Ausschluss des Legens eines Hausanschlusses von der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG auch nicht daraus hergeleitet werden, dass Nr. 34 der Anlage zum UStG auf die Unterposition 2201 9000 des Zolltarifs verweist, der in Kapitel 22 ausschließlich Flüssigkeiten umfasst.

Nach der Rechtsprechung des Senats richtet sich zwar die Reichweite einer Steuerermäßigung nach dem Zolltarif, wenn in der Anlage zum UStG auf den Zolltarif verwiesen wird (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juni 2000 V R 63/99, BFH/NV 2001, 348; vom 9. Februar 2006 V R 49/04, BFHE 213, 88, BStBl II 2006, 694, jeweils m.w.N.).

Nr. 34 der Anlage zum UStG nimmt aber von der Steuerermäßigung für die „Lieferungen von Wasser“ –worunter, wie ausgeführt, auch das Verlegen von Hausanschlüssen fällt– lediglich bestimmte Arten von Wasser aus („ausgenommen“) und verweist hierzu auf die Unterposition 2201 9000 des Zolltarifs. Diese Ausnahmen (Trinkwasser in Fertigpackungen, Heilwasser und Wasserdampf) haben aber für den Streitfall keine Bedeutung.

Quelle: Bundesfinanzhof.de



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