Wer den Steuerstundungseffekt beim Kauf oder Bau einer Immobilie nutzen will, muss schnell handeln
Wer den Steuerstundungseffekt beim Kauf oder Bau einer Immobilie nutzen will, muss schnell handeln. Denn eine neue EU-Richtlinie sieht vor, dass der Vorsteuerabzug ab 2011 nur noch für den gewerblich genutzten Gebäudeteil zulässig ist.
Steuerstundungen bringen handfeste Zinsvorteile. Von dieser ehernen Regel profitieren – derzeit noch – auch Immobilieneigentümer, die ihr Haus sowohl zu unternehmerischen wie zu privaten Zwecken nutzen. In diesem Fall nämlich kann der Eigentümer die Vorsteuer auf die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend machen. Im Gegenzug muss zwar für den Anteil der privaten Nutzung, die als unentgeltliche Wertabgabe gilt, Umsatzsteuer entrichtet werden. Diese Steuerschuld aber darf der Hauseigentümer auf einen Zeitraum von zehn Jahren verteilen, während der Vorsteuerabzug sofort voll zum Tragen kommt. Dadurch entsteht ein Stundungseffekt, der aus Sicht des Steuerpflichtigen wie ein zinsloses Darlehen vom Staat wirkt. Wer den Kauf oder Bau solcher Immobilien plant, muss allerdings schnell handeln. Das gilt jedenfalls dann, wenn man den Liquiditätsvorteil aus der Vorsteuer – in der Rechtssprechung als „Seeling-Modell“ bekannt – nutzen will. Nach der neuen EU-Richtlinie wird das aber nicht mehr möglich sein. Damit steht eine weitere Wendung in der ohnehin ereignisreichen Historie des Seeling-Modells an. Die nach dem gleichnamigen Unternehmer benannte Rechtssache hatte 2003 zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geführt, der den vollen Vorsteuerabzug auf unternehmerisch als auch privat genutzte Gebäude gewährte. Das Bundesfinanzministerium und später auch der Gesetzgeber haben auf dieses Urteil reagiert, indem die Verteilungsspanne der Steuerschuld im Rahmen der Wertabgabe von 50 Jahren auf die heute noch gültigen zehn Jahre begrenzt und so der Zinseffekt gemindert wurde. Doch auch auf dieser Basis winken noch immer interessante finanzielle Vorteile.
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Wird beispielsweise ein Gebäude samt Grund und Boden zum Kaufpreis von einer Million Euro netto erworben, so fallen bei einem Satz von 19 Prozent darauf 190.000 Euro Vorsteuer an. Nutzt der Unternehmer das Haus zur Hälfte privat, so beträgt die Vorsteuer für diesen Teil somit 95.000 Euro. Die private Nutzung ist zwar wiederum als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Da der Gesetzgeber hierfür aber eine Verteilung auf zehn Jahre zulässt, fallen jährlich nur 9.500 Euro Umsatzsteuer an. Aus der Differenz zwischen der abzugsfähigen Vorsteuer von 95.000 Euro und der zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer von jährlich 9.500 Euro entstehen damit handfeste Liquiditätsvorteile für das Unternehmen, die letztlich zu beachtlichen Zinsersparnissen führen. Kann aufgrund einer zusätzlichen Liquidität von 95.000 Euro beispielsweise auf ein mit fünf Prozent verzinstes Darlehen in gleicher Höhe verzichtet werden, so resultiert daraus ein Finanzierungsvorteil in Höhe von 4.750 Euro.
Solche Vorteile soll es nach der neuen EU-Richtlinie, deren Umsetzung im Jahressteuergesetz der Bundesregierung bereits vorgesehen ist, nicht mehr geben. Laut Regierungsplänen wird die Richtlinie künftig nur dann nicht zur Anwendung kommen, wenn die Anschaffung oder der Beginn der Herstellung vor dem 1. Januar 2011 liegt. Wer also beim Kauf oder Bau einer gemischt genutzten Immobile noch die alte Regelung nutzen will, sollte diese Zeitgrenze im Auge behalten und dem entsprechend noch in diesem Jahr handeln.
Quelle: openPR