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Widerstreitende Steuerfestsetzung bei Gewinnfeststellungsbescheiden (BFH IV R 99/06)


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Die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO scheitere zudem daran, dass die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide bereits am 3. August 2004 erlassen worden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei das die KG betreffende Urteil des FG Düsseldorf noch nicht rechtskräftig gewesen. Tatbestandsmerkmal des § 174 Abs. 3 AO sei, dass sich die Annahme (hier: Ansatz der Mieterlöse bei der KG statt bei der Klägerin) als unrichtig herausstelle. Der Erlass eines auf diese Norm gestützten Bescheides setze deshalb die vorherige Aufhebung eines anderen Steuerbescheides voraus, in dem der bestimmte Sachverhalt bisher berücksichtigt worden sei. Die streitgegenständlichen Bescheide hätten daher frühestens am 12. August 2004, mit der Rücknahme der Revision erlassen werden dürfen. Den bereits am 3. August 2004 erlassenen Bescheiden fehle es daher an einer Rechtsgrundlage. Im Ãœbrigen teilt die Klägerin die Rechtsauffassung des FG und trägt ergänzend vor, dass eine Änderung der Gewerbesteuermessbescheide auch nicht auf § 35b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gestützt werden könnte.

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Das Revisionsbegehren des FA ist auf die Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung gerichtet. Zu Unrecht habe das FG die Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 insoweit abgeändert, als darin die Darlehenszinsen als Sonderbetriebseinnahmen erfasst worden seien. Auch diesbezüglich hätten die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO vorgelegen. Ebenfalls auf diese Norm habe der Erlass der erstmaligen Gewerbesteuermessbescheide gestützt werden können. Deren Erlass sei zudem durch die Regelung in § 35b GewStG i.V.m. § 171 Abs. 10 AO gerechtfertigt.

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Sowohl die Gewinnfeststellungsbescheide als auch die Gewerbesteuermessbescheide hätten auf § 174 Abs. 4 AO gestützt werden können. Dem stehe nicht entgegen, dass die angefochtenen Bescheide zu einem Zeitpunkt erlassen worden seien, zu dem die Aufhebung der gegenüber der KG erlassenen Bescheide noch nicht bestandskräftig gewesen sei.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen und unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 und 1996 vom 3. August 2004, jeweils geändert durch Bescheid vom 6. Mai 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2005, ersatzlos aufzuheben.

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Das FA beantragt,
die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen und unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

B.
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I. Die Revision des FA ist teilweise begründet. Sie führt wegen der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Im Ãœbrigen –wegen der Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996– ist die Revision des FA unbegründet.

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1. Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996

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Die Gewinnfeststellungsbescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Das FA konnte die Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre erlassen.

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Die erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheide konnten formell auf § 174 Abs. 3 und 4 AO gestützt werden, soweit darin die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als gewerbliche Einkünfte festgestellt worden sind (dazu unter a). Ob die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO auch bezüglich der Darlehenszinsen vorlagen, ist zweifelhaft. Dies kann aber dahinstehen, da insoweit jedenfalls die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vorlagen (dazu unter b).

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Die Gewinnfeststellungsbescheide sind auch materiell rechtmäßig. Zu Recht ist das FA davon ausgegangen, dass sowohl die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als auch die Darlehenszinsen als gewerbliche Einkünfte in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden zu berücksichtigen waren (dazu unter c).

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a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, kann nach § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden.

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aa) Wie sich aus dem Wortlaut „nachholen“ ergibt, umfasst der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 AO auch den Fall einer erstmaligen Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 23. Mai 1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89). Unerheblich ist zudem, ob die unrichtige Annahme des FA auf einem Fehler im Tatsächlichen oder Rechtlichen beruht (BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76).

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bb) Die Erkennbarkeit, dass die Berücksichtigung des Sachverhalts im Hinblick auf dessen Erfassung in einem anderen Steuerbescheid unterblieben ist, muss für denjenigen vorliegen, dem gegenüber die Steuerfestsetzung geändert oder nachgeholt werden soll (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 2/86, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832). Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der Feststellungsbeteiligte nicht Dritter i.S. der Regelung ist (BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914). Diese Rechtsprechung ist gleichermaßen auf den Tatbestand des § 174 Abs. 3 AO zu übertragen. Sie führt deshalb dazu, dass für die Erkennbarkeit auf die Person des Feststellungsbeteiligten als Inhaltsadressat der Gewinnfeststellungsbescheide und nicht auf die Personengesellschaft abzustellen ist. Davon unberührt bleibt die vorliegend nicht einschlägige Rechtsprechung, wonach § 174 Abs. 3 AO auch die Änderung des Steuerbescheides eines Steuerpflichtigen gestattet, wenn der andere Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen (Dritten) betrifft (BFH-Urteil in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832).



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