Widerstreitende Steuerfestsetzung bei Gewinnfeststellungsbescheiden (BFH IV R 99/06)
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aaa) Zum Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Vielmehr zählen hierzu auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die –was im Streitfall in Betracht kommt– unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft eingesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes, Sonderbetriebsvermögen II; vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2000 IV R 73/99, BFHE 193, 354, BStBl II 2001, 335).
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bbb) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der V-GmbH erfüllt danach nicht nur die zuvor dargelegten Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft, der KG. Auch bei Letzterer ist die Beteiligung an der V-GmbH dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung der Beigeladenen zu dienen (vgl. zur Behandlung eines Geschäftsanteils des Gesellschafters einer GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters bei einer KG BFH-Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 2/87, BFHE 168, 322, BStBl II 1993, 328).
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ccc) Ungeachtet der zuvor dargelegten Besonderheiten sind die Anteile an der V-GmbH dem Sonderbetriebsvermögen II der Klägerin zuzuordnen. Einer Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen II der KG steht das rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige Feststellung, dass die Anteile an der V-GmbH nicht dem Sonderbetriebsvermögen II der KG zuzuordnen sind, ist der Senat gemäß Â§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im vorliegenden Verfahren gebunden.
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Aus der Zuordnung der Anteile an der V-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen bei der Klägerin folgt, dass Gleiches auch für die Darlehensforderungen der Beigeladenen gilt. Diese sind, soweit sie den Anforderungen an das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II im Ãœbrigen (gesellschaftliche Veranlassung, dazu nachfolgend ddd) genügen, bei der Besitzgesellschaft, hier der Klägerin, und nicht bei der Produktionsgesellschaft, hier der KG, zu erfassen. Davon abzugrenzen ist der vorliegend nicht zu beurteilende Sachverhalt, dass die Darlehen von der KG aus dem gesamthänderisch gebundenen Vermögen gewährt werden.
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ddd) Die Würdigung des FG, dass die Darlehen gesellschaftlich veranlasst waren, ist nicht zu beanstanden.
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Ein Darlehen, das die Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft der Betriebs-GmbH gewähren, ist jedenfalls dann dem Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitzpersonengesellschaft zuzuordnen, wenn das Darlehen nicht marktüblichen Bedingungen entspricht. Die Beurteilung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des einzelnen Falles (BFH-Urteil in BFHE 193, 354, BStBl II 2001, 335). Das FG hat aus den im Streitfall vorliegenden Gesamtumständen die Darlehenshingabe dahin gewürdigt, dass sie ausschließlich gesellschaftlich veranlasst gewesen ist. Diese auf einer tragfähigen Tatsachenfeststellung beruhende Würdigung ist für den Senat gemäß Â§ 118 Abs. 2 FGO bindend. Die Würdigung des FG ist zwischen den Beteiligten ersichtlich auch nicht streitig.
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2. Gewerbesteuermessbescheide
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a) Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass der Erlass der (erstmaligen) Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 weder auf § 174 Abs. 3 AO noch auf § 174 Abs. 4 AO gestützt werden konnte.
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aa) Der Anwendung des § 174 Abs. 3 AO steht, wie das FG zu Recht ausführt, entgegen, dass die Festsetzungsfrist für die Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 gegen die KG zum Zeitpunkt des Erlasses der vorliegend angefochtenen Bescheide bereits abgelaufen war. Das von der KG unter dem Az. 11 K 3126/01 F beim FG Düsseldorf betriebene Klageverfahren bezog sich ausschließlich auf die Feststellungsbescheide, so dass sich die dadurch ausgelöste Ablaufhemmung der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist ausschließlich auf die Gewinnfeststellungsbescheide erstreckte. Soweit das FA sich auf die Regelung in § 171 Abs. 10 AO beruft, verkennt es, dass die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide keine Grundlagenbescheide im Verhältnis zu den Gewerbesteuermessbescheiden sind.
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bb) § 174 Abs. 4 AO scheidet allein deshalb aus, weil die Klägerin nicht zum Verfahren der KG gemäß Â§ 174 Abs. 5 AO beigeladen worden ist. Steuerpflichtige i.S. des § 174 Abs. 4 AO sind im Hinblick auf das Feststellungsverfahren der KG die Beigeladenen als Gesellschafter der KG (s. oben unter B.I.1.a bb). Dem gegenüber ist Steuerpflichtiger im Hinblick auf das Gewerbesteuerverfahren die Personengesellschaft selbst. Denn die gewerblich tätige Personengesellschaft ist gemäß Â§ 5 Abs. 1 GewStG Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer. Es fehlt daher an der Personenidentität. Die Klägerin ist im Hinblick auf die Gewerbesteuermessbescheide daher Dritte. Um die Änderungsvoraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO auch auf die Klägerin zu erstrecken, hätte es deshalb gemäß Â§ 174 Abs. 5 AO ihrer Beiladung zum Klageverfahren der KG bedurft. Daran fehlt es im Streitfall.
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b) Ein Erlass der Gewerbesteuermessbescheide kann ebenso wenig auf § 35b Abs. 1 GewStG gestützt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut umfasst der Anwendungsbereich dieser Norm nur die Aufhebung oder Änderung eines Gewerbesteuermessbescheides, wenn u.a. ein Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird. Vorliegend fehlt es sowohl an der Aufhebung oder Änderung eines Feststellungsbescheides als auch an der Aufhebung oder Änderung eines Gewerbesteuermessbescheides. Der erstmalige Erlass eines Gewerbesteuermessbescheides nach Erlass eines erstmaligen Feststellungsbescheides ist von dem Wortlaut der Norm nicht umfasst. Angesichts des eindeutigen Wortlauts ist eine tatbestandserweiternde Auslegung ausgeschlossen.
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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Gewinne aus der Grundstücksvermietung sind zutreffend als gewerbliche Einkünfte der Klägerin festgestellt worden. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen unter I. verwiesen.
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III. Da die Revision des FA teilweise Erfolg hat, kann die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden, da die Klägerin ihren im Klageverfahren gestellten Antrag auf Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 bis 1997 insoweit eingeschränkt hat, als sie im Revisionsverfahren nur noch die Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 begehrt. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306; BFH-Beschluss vom 21. April 1989 IV R 40/88, BFH/NV 1990, 182, m.w.N.). Entsprechend dem materiellen Ausgang des Verfahrens hat die Klägerin die Kosten des Klageverfahrens zu 72 v.H., das FA zu 28 v.H. zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 58 v.H., das FA zu 42 v.H. zu tragen (§ 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 FGO).
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Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß Â§ 139 Abs. 4 FGO kam nicht in Betracht, da diese keine Anträge gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko gemäß Â§ 135 Abs. 3 FGO ausgesetzt haben.
Quelle: Bundesfinanzhof